Schwerhörig, taub oder gehörlos? Drei Worte für Schwerhörige

Mal sollen sie vier, dann bis zu hundert Worte für Schnee haben, die Eskimos Inuit. Genaugenommen ist das aber eine Mischung aus Ente und stille-Post-Effekt (siehe The Great Eskimo Vocabulary Hoax und wikipedia).  Schade eigentlich.

Für Leute mit Hörproblemen gibt’s drei wichtige Worte. Bisher waren mir die damit verbundenen Spitzfindigkeiten eher Wurscht. Doch Not quite like Beethoven gewinnt jetzt so langsam an Popularität. (Vielen Dank an alle, die mich empfohlen (klick, klick und klick), geherzt (klick) oder in ihre Blogroll aufgenommen haben (klick und klick)!) Außerdem ist die Sache nicht ganz unpolitisch. Darum hier ein kleiner Führer durch die korrekte Nomenklatur:

Schwerhörig sind sie irgendwie alle. Mehr oder weniger. Was Schwerhörigkeit bedeutet, dafür ist Not quite like Beethoven da.

Taub oder gehörlos sind streng genommen die, die ganz und gar nichts mehr hören. Das kommt erstaunlich selten vor. Sehr viele, die sich so nennen, haben zumindest vage „Hör“-Eindrücke. Schon allein deswegen, weil Schallwellen nicht nur mit den Ohren wahrgenommen werden.

Wichtig ist noch, ob man Sprechen gelernt hat, bevor Hörprobleme auftraten.  Angeber sagen: prälinguale oder postlinguale Schwerhörigkeit. Soweit, so technisch.

Jetzt wird’s aber politisch: Gehörlos – und mitunter auch taub – verweist für manche auf ihre kulturelle Identität. Das sind vor allem die, die nie gehört haben oder früh ertaubt sind — und für die Gebärdensprache die wichtigste oder sogar einzige Sprache ist. Weil diese lautsprachlose Gehörlosenkultur genausoviel oder sowenig wert ist wie andere Kulturen, in die man hineingeboren werden oder hineinwachsen kann, reagieren manche heftig auf falsche Bezeichnungen. Auf Englisch gibt es zum Beispiel das Wort gehörlos nicht, nur das Wort deaf. Aber manche schreiben Deaf um zu betonen, dass es sich um eine echte ethnische Identität handelt.

Dies ist nicht die Welt von Not quite like Beethoven. Mein Problem ist postlingual, ich höre etwas und ich bin in der Welt der (laut-)Sprechenden sozialisiert. Das ist nicht besser oder schlechter, aber definitiv: anders. Auch wenn es sich häufig mit der Gehörlosenwelt überschneidet.

2 Antworten zu “Schwerhörig, taub oder gehörlos? Drei Worte für Schwerhörige

  1. Hallo NqlB, ich mag dein Blog – was du schreibst und wie du schreibst. Und ich fragte mich seit ich mitlese, wo denn nun die Grenze zwischen Schwerhörigkeit und Taubheit verläuft. Ich schätze, jetzt habe ich eine Art Antwort… 🙂 Freu mich auf mehr Lesefutter von dir, viele Grüße…

  2. Dankeschön, das freut mich 🙂

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