Weil ich mit dem Reden über meinen Hörverlust Verwirrung ausgelöst habe will ich kurz zeigen, wie man ein Audiogramm liest — das ist die graphische Darstellung des Töne-Hören-Könnens. Und dabei auch die zwei Ausdrücke erklären, die gefallen sind. Zuerst zur sogenannten „Sprach-Banane“. Hier ist sie:
Von links nach rechts sind die Frequenzen aufgetragen (in Hertz). Je rechter desto höher ein Ton. Von oben nach unten ist die Lautstärke aufgetragen (in Dezibel). Je tiefer, desto lauter. Dass man diese Grafik „nach unten lesen muss“, dass es nach unten lauter wird und nicht nach oben, mag zunächst verwirren. Das ist einfach, weil im selben Format Hörverlust eingetragen wird – und Verlust=tief liegt intuitiv näher. (Weitere Details zum Thema „Hörverlust und Audiogramme lesen“ z.B. hier.)
Ganz unten links, also tief und laut: Lastwagen und Motorrasenmäher. Relativ hoch und leise (also oben rechts) sieht man Flüstern, daneben Uhrenticken. Nach demselben Schema sind verschiedene Sprachlaute eingetragen (bei durchschnittlicher Gesprächslautstärke). Und man sieht: Mit etwas gutem Willen kann man darin eine bananenförmige Fläche sehen: Die Sprach-Banane.
Wofür ist das wichtig? Zum einen für die Beurteilung des Hörverlusts und zum anderen für die Frage, wie laut ein Hörgerät sein muss, um Sprachverstehen zu ermöglichen. Als Beispiel: mein eigenes Hörvermögen in den verschiedenen Frequenzen, aufgetragen in demselben Diagramm:
Man sieht: Die Kurve geht nicht durch die „Sprach-Banane“. Das heißt: Ich höre die Laute nicht, die zusammen Sprache bilden. Ein Hörgerät muss in den tiefen Frequenzen 50dB und in den mittleren 70dB verstärken, damit ich diese Laute auch nur ganz leise höre. Das ist sehr, sehr viel! Über den Daumen kann man sagen, dass 10dB Verstärkung etwa doppelt so laut sind.
Damit ich Sprache auch nur teilweise höre, muss sie quasi auf die Lautstärke einer Motorsäge verstärkt werden. Mein Hörgerät bläst mir bei Gesprächslautstärke mit der Stärke eines Schlagzeugs oder eines Hubschraubers ins Ohr! Doch selbst mit dem lautesten Hörgerät der Welt: Laute wie „K“, „S“ und „F“ jedoch werde ich auf diesem Wege NIE verstehen — es gibt in dem Frequenzbereich bei mir nichts zu verstärken.
Schließlich noch zum Cookie-Bite-, also zum Keks-Biß- Hörverlust: So nennt man im Englischen die Form des Hörverlustes, mit der ich einmal angefangen hab. Die sah — ganz grob — etwa so aus:
So als ob jemand von oben in die „normales Hören“ darstellende, horizontale Linie hineingebissen (und sie ein bißchen abgesenkt) hätte. Details siehe auch hier.
[Nachtrag: Ich habe übrigens keine Ahnung, ob irgendjemand die Rechte an obiger Darstellung hält. Ich habe dies aus meinen Unterlagen gescannt, wer sucht, findet sie auch mehrfach im Netz.]
Was für eine famose und klar verständliche Erklärung der Hörkurve! Das ist mitunter der Grund, warum ich seit Sonntag ein absoluter Fan dieses Blogs geworden bin und jeden Tag reingucke.
Als frischimplantierter CI-Träger (02/2009) kann ich Deine Beiträge vollkommen nachvollziehen, und bin positiv überrascht, mit welcher Verve Du Dein Befinden beschreiben kannst.
Weiter so! 🙂
Oh, ich habe also einen Cookie-Bite. Interessant!
Sehr gut geschrieben! Danke!
Oh, dankeschön, die Herren! Das freut mich.
Ah, da kennt sich noch jemand mit prominenten Schwerhörigen aus, notquitelikeLouFerrigno. Dieser Hulk hat definitiv Charme.
So ist es, Herr spontiv, und das klingt doch gleich viel besser als „Badewannenkurve“, oder?
Aha! Another person in the Cookie-Bite club…I’m going to have to learn German now!
Thanks! I really liked that club but, alas, they made me join the 1960s art club some time ago.
May I take the opportunity to urge you, dear readers, to visit moiradancer’s wonderfully written blog! I’m a regular reader there and was especially impressed with how bizarre hearing aid fittings can be.
Kekse? Bananen?
Ich krieg Hunger…. 😀
Danke! Du hast das echt super erklärt! Ich hatte auch selber schon etwas recherchiert im Internet. Wie man das Diagramm nun liest hatte ich auch schon rausgefunden. Aber ohne so eine nette Geräusch-Zuordnung. Vorallem durch die Beispielkurven für den Hörverlust ist es mir viel klarer geworden. Den „angebissene Keks“ stell ich mir wirklich fies vor: Man hört so gut wie alles, bloß Sprache nicht…
Yes– yours is called the ’ski-slope‘ lol I also have that though not as bad as yours. At 250 hertz, I’m at 30 dbs. It dips down to 105 by 1500 hertz (I think though I don’t have my audiogram in front of me at this moment.) I’m also way out of the speech banana without aids, but the Naidas do help to bring that back. It probably works because my lows are better than your lows. I can’t wait to see your test scores with the implant.
Regenbogen, na dagegen läßt sich ja was tun!
Eule, das stimmt. Es hat was — mieses. Wobei in dem Frequenzbereich natürlich auch noch einiges anderes außer Sprache passiert…
Kim, I would guess that’s why they work for you (more usable residual hearing) and I’m glad they do! Actually I was thinking about mentioning the „ski-slope“ in the above post but then I didn’t know how to translate it. In German it’s just Hochtonabfall (high frequency decline).