Die richtige Antwort auf Ich liebe Dich mag nicht unbedingt immer Ich dich auch sein — sie ist aber ganz sicher nicht ein ruppiges: Was?! Ganz zu schweigen von der ungewollten Zugabe:
„Ich liebe Dich.“
„Was?“
„Ich liebe Dich!“
„WAS?!“
…
Nette, warmherzige Menschen, die mir Mut machen wollen, sagen schnell mal, Schwerhörigeit könne doch in einer Beziehung zu einem flotthörenden Partner kein ernsthaftes Problem sein. Wenn man sich liebe und ansonsten miteinander klarkomme, passe man sich doch an, wenn der eine Partner nicht oder nur schlecht hören könne. Und man müsse doch auch nicht ständig verbal miteinander kommunizieren.
Doch so einfach ist es leider nicht, mit einem Schwerhörigen oder Ertaubten zu leben…
Dass es doch und selbst bei gutem Willen ein Problem sein kann, zeigen — denke ich — schon die vielen Suchanfragen, die bei mir auflaufen: schwerhörig ehe kaputt hieß es gerade gestern erst wieder. Vorgestern war es Meine Freundin ertaubt Paartherapie. In einer Präsentation des Deutschen Schwerhörigenbundes war von signifikant höherer Scheidungsrate bei „gemischthörenden“ Paaren die Rede (finde leider gerade den link nicht mehr) – und jedes Jahr kommmen Studien heraus, die immer wieder das gleiche sagen: Wenn einer der beiden schwerhörig ist, dann leidet oft die Beziehung. Hier und hier (PDF) [Nachtrag: alternativ hier].
Bei mir war das so: Dass sie nicht einfach mit mir reden konnte, wenn sie es wollte und wenn sie es brauchte. Am Telefon sowieso nicht — ins Ohr geraunt, wütend, lustvoll oder verzweifelt. Und selbst in Person nicht so wie es ihr Gefühl diktierte. Sie musste erst sich fassen. Weder zu dicht noch zu weit weg sein und nicht im anderen Raum. Deutlich artikulieren, wiederholen. Sie musste mit dem Weinen aufhören oder es zumindest beherrschen, um mit mir zu reden. Damit ich weiß was überhaupt los ist.
Und sie musste mit dem Lachen aufhören, es mir erklären und dann wieder loslachen, damit ich mitlachen konnte. Das machte nicht nur mich, sondern auch sie einsam.
Es ist einfach nicht so, dass nur der, der nicht hört, darunter leidet. Die Schwerhörigkeit des einen macht in gewisser Weise den andern stumm. Und das muss man erstmal aushalten.
Darum ist es so viel einfacher mit anderen Schwerhörigen. Gleich und gleich gesellt sich gern — bäh! Idee bei Farhana: Dass ich deswegen so abgeneigt von Schwerhörigen, gar Tauben bin, weil ich seit Brauer mich auf die Sonderschule schicken wollte ich immer zeigen wollte dass ich normal kann? Und es wollte? Hat mich da damals was unbewußt grundtief geprägt? Darum so viele Probleme mit Behinderten? Und mit der Vorstellung, mir unter Behinderten Freunde oder gar eine Frau zu suchen.Ich meine die Frau in dem Film heute hat ja auch gesagt, es geht leichter mit einem Gehörlosen. Ich bin so abgetörnt bei dem Gedanken…
Oh, da bin ich aber froh, daß es Leute gibt, die auch der Meinung sind, daß Beziehungen zu einem „Behinderten“ (explizit in Anführungszeichen, bitte) anstrengend sind oder zumindest sein können – je nach Art der Behinderung körperlich oder eben so, wie Du es geschildert hast.
Ist ja nicht böse gemeint, wenn man sowas ausspricht, und schon gar nicht abwertend dem anderen gegenüber.
Ich hab auch schon öfter gelesen, daß Hörgeschädigte nicht gern Beziehungen zu Hörenden eingehen – aus verschiedenen Gründen. Und ich denke, das ist das gute Recht jedes Menschen, sich seine Kriterien für die Partnerwahl selbst auszusuchen….
Toll finde ich es aber dann, wenn es tatsächlich funktioniert (ob mit oder ohne Therapie – letztere brauchen auch manche nichtgemischten Paare…) und die Partner sich so aufeinander einstellen, daß es klappt.
Hey NqlB (darf man hier deinen echten Namen benutzen?!?).
Hast du schon mal darüber nachgedacht ein Buch zu schreiben. Deine Beschreibungen von Situationen aus deinem (schwerhörigen) Leben sind einfach gut. Und da du selbst ja geschrieben hast, das es kaum Bücher mit tauben/schwerhörigen „Helden“ gibt…
Vielleicht ist es den Versuch wert. Da ich finde, das du es schaffst, vieles so „unmoralisch“ darzustellen.
Also ich würd’s lesen…
Achim
Das hört sich jetzt vielleicht doof an, aber Du bist wenigstens extrem schwerhörig! Wie viele andere Männer höhren ihren Frauen nicht zu, obwohl sie höhren können. Auch verstehen sie sie nicht, obwohl sie dazu dass passende intakte Organ besitzen.
Ich will es nicht herunter spielen, es ist verdammt schwer , aber die höhrenden Deppen sind in der Überzahl!
Öhm, ich wage mal zu behaupten, dass die meisten Männer ihre Frauen nicht verstehen, ganz unabhängig vom Hörstatus. 😉 Umgekehrt übrigens auch …
Japp. Kann das soweit auch so unterzeichnen. *nickt* Die gemischt“hörenden“ Paare, die ich kenne, kann ich an einer Hand abzählen, und viele Gehörlose sagen, „Nie mit einem Hörenden! Zu viele Probleme!“
Witzigerweise haben alle drei meiner besten Freundinnen jeweils einen hörenden Partner und deren Beziehungen funktionieren (es sind alle drei in unterschiedlichem Ausmaß schwerhörig); also bin ich da nicht ganz so pessimistisch gestimmt.
Aber es stimmt, daß da der hörende Partner sich dann bewußter auf das (Nicht-)Verstehen des anderen konzentrieren muß, was einem nochmal eine ganze Portion Rücksicht abverlangt. Mein Ex-Freund war hörend und ich denke, für ihn war es von Vorteil, daß er auch berufsmäßig mit Gehörlosen zusammenarbeitete, so daß er schon den Umgang mit ihnen gewöhnt war und sich nicht groß umstellen mußte. Für Hörende, die noch nie etwas mit Gehörlosen/stark Schwerhörigen zu tun hatten, ist das schon schwieriger. *nickt*
„Dass sie nicht einfach mit mir reden konnte, wenn sie es wollte und wenn sie es brauchte. Am Telefon sowieso nicht — ins Ohr geraunt, wütend, lustvoll oder verzweifelt.“ – Das war für meinen Ex-Freund letztendlich auch ein Knackpunkt. *nickt und seufzt*
Schwerhörigkeit als Beziehungskiller? Ich weiß nicht. Auf jeden Fall ist es eine Herausforderung.
In der Deutung und dem Spiel von Mimik und Gestik sind wir Schwerhörigen doch klar im Vorteil. Das muss man(n) klar ausspielen. So ein herzerweichender Gesichtsausdruck oder eine witzige non-verbale Reaktion können da so einiges kompensieren. Ist natürlich kein Ersatz für ‚richtige‘ Gespräche, aber als Ersatz für Beziehung-kittende Alltagspläuschen kann man es ruhig mal einsetzen. Auch Männer müssen ihre Ressource haushalten. 😉
Schon richtig – ein „Killer“ muß es nicht sein.
Es werden aber schon Ansprüche an beide Partner gestellt, die bei einer nichtgemischten Beziehung so nicht da wären (…da gibbet andere Probleme; eine Beziehung bedeutet immer Arbeit, wenn man sie am Leben halten will).
Es kann schon ein Beziehungskiller sein, ich habe das mal ziemlich krass erlebt. In der Anfangszeit sagte er (normalhörend) noch, dass meine Schwerhörigkeit niemals ein Problem für ihn sein könnte, und schon zwei Wochen später kam der Spruch „Also, dass du SO schwerhörig bist, wusste ich nicht!“. Es wurde immer schwieriger, bis es eben nicht mehr ging. Kommt viel öfter vor, als man denkt. Vorher ist der Normalhörende oft noch optimistisch, kann sich aber entgegen aller Beteuerungen doch nicht daran gewöhnen. Dennoch würde ich meinen Partner nie nach dem Hörstatus aussuchen, das funktioniert sowieso nicht. Wenn man ganz rational seinen Partner aussuchen könnte, wäre das Leben so unfassbar einfach … 😉
das ist wirklich ein schwieriges thema. ich bin ja nur auf dem einen ohr [dort aber zu 100%] ertaubt und wirke im ’normalen‘ leben ‚gesund‘. selten bekommt jemand das einfach so mit, daß ich ein problem habe. trotzdem ist es natürlich so, daß ich in großen gruppen mit hintergrundgesprächen oder im supermarkt oder im kino oder in der küche beim spülmaschine ausräumen oder … schwerlich ausblenden kann und dann eben doch mal etwas nicht gut höre… wäh.
weil ich sonst so fit wirke, ist das manchmal doppelt anstrengend und man sagt [selbst zum partner!] schon gar nicht immer etwas, wenn man nicht alles versteht… achtung: mißverständnisse!! ganz blödes thema, eben gerade in beziehungen, ich stimme zu.
Regenbogen, „dass Beziehungen zu einem Behinderten anstrengend sind“ — Ich denke, ich weiß schon, was Du meinst, Du sagst es ja im zweiten Kommentar nochmal. Aber so pauschal würde ich das dann auch wieder nicht stehen lassen wollen. Dazu sind die Behinderungen, das was die Leute damit sonst noch so machen, das was die anderen als anstrengend empfinden und die Lösungen, die beide finden, zu verschieden. Auf der Allgemeinheitsebene würde ich sagen: Nicht anstrengender als zu Nicht-Behinderten. So würde ich auch ninas Kommentar deuten: Ohren haben zu hören heißt zB leidern noch lange nicht, dass man auch zuhört. Welch eine Verschwendung! Oder Nikanas ersten 😉
Was es aber gibt, und darauf wollte ich mit dem Eintrag hinweisen, sind ganz besondere Probleme. Nur ob die wirklich als „anstrengend“ empfunden werden hängt eben doch sehr von den konkreten Details ab. Je nachdem kann es eben auch ein Beziehungskiller sein.
Achim, dankeschön! Ich denke darüber nach. 🙂
Neens, also pessimistisch sollte man schonmal gar nicht sein 🙂 Was man für ein Problem hält hat ja die Tendenz auch eins zu werden, also ist es besser sich genau zu überlegen, wem oder was man die Ehre erweist, es/ihn/sie als Problem zu behandeln…
Jens, wir haben anderes anzubieten, das stimmt. Man muss halt sehen, wie weit das trägt, denke ich.
Nach dem Hörstatus den Partner aussuchen, Nikana, das würde ich auch nie tun.
Rebhuhn, das denk ich mir, dass das mit dem einen Ohr nochmal besondere Probleme aufwirft. Etwa so: Mal hört sie, mal hört sie nicht und niemand kann es sich erklären…
Vielleicht bin ich ja zu normal (sprich: zu wenig schwerhörig) um hier wirklich mitreden zu können, aber nach meinen Erfahrungen mit Partnerschaften ist die Schwerhörigkeit und der Umgang damit *nicht* der eigentliche Knackpunkt. Klar: „Du kriegst ja nie was mit“ „Du könntest Dich ja auch mal ein bisschen anstrengen“ und ähnliche Sprüche habe ich auch schon zu hören bekommen, aber das war – wie soll ich sagen – immer nur die Oberfläche. Zumal ich Jens zustimmen muss: wir bekommen doch unglaublich viel (mehr) ohne Worte mit.
Will sagen: Ich vermute (ausdrücklich: vermute), dass wenn Schwerhörigkeit als Beziehungskiller angegeben wird, oft auch (oder sogar nur) andere Probleme dahinter stecken. Der Verweis auf eine Behinderung als Ursache ist dann immer leicht (und passt ja auch ins allgemeine Schema!)
Oder ist es wirklich zuviel verlangt, wenn man beim Sprechen angesehen werden will? Ich hatte eine jahrelange Beziehung, in der ‚er‘ bis zum Schluss (und bis heute) das nicht gelernt hat. Aber das war entschieden nicht das, woran die Beziehung gescheitert ist, auch wenn man es als symptomatisch ansehen kann.
Übringens nqlb, stand in Deinen Quellen irgendwas darüber, ob es eine Rolle spielt, ob der Mann oder die Frau schwerhörig ist? Wenn man in Rollenklischees denkt, müsste es ja bei schwerhörigen Frauen mit hörenden Männer eigentlich besser klappen als umgekehrt ….
@Nikana:
Das tut mir leid, daß diese von Dir erwähnte Beziehung so zu Ende ging. Finde es aber toll, daß Du dennoch nicht ausschließen würdest, den Mut, nochmal mit einem Hörenden zusammen zu kommen, wieder aufzubringen. Denke schon, daß da nach so einer Erfahrung Mut zu gehört – „gebranntes Kind scheut das Feuer“, sagt man ja auch. Man kriegt da teils Angst vor ähnlichen schmerzlichen Erfahrungen.
@Halber Beethoven:
„anstrengend sind“ – hab ja noch nachgesetzt, daß sie zumindest so empfunden werden können. Ich denke, da liegt auch viel an der Art der Behinderung. Hab ja so viel einstecken müssen, als ich mich auf die frühere Beziehung meines Bruders mit einer Spastikerin bezogen habe. Ich glaub schon, daß ich das als anstrengend empfinden würde, wenn ich neben dem Job den kompletten Haushalt allein machen und dann noch meinen Partner pflegen müßte (inklusive Windelwechsel). Ich persönlich würde sogar sagen, könnte ich gar nicht (Bandscheibe im Eimer – und dann eine erwachsene Person heben?).
Also – das „sind anstrengend“ nicht zu absolut sehen. Bezieht sich sicher nicht auf alle Beziehungen, nicht auf alle Arten von Behinderungen – und natürlich empfindet das jeder Betroffene anders.
@frauke:
Sicher? Lt. Klischee klappt es besser, wenn der Mann der hörende Part ist? „staun“
Ich hab sonst eigentlich immer gehört, daß eher der weibliche Teil der Bevölkerung geneigt ist, auch Behinderungen beim Partner zu akzeptieren?
(Was sich natürlich wieder nicht auf alle bezieht.)
Und natürlich gibt es auch andere Faktoren, die Beziehungen anstrengend machen (nicht nur das von nina angeführte „Männer können nicht zuhören und Frauen nicht einparken 😉 ).
Konfessions- oder religionsverschiedene Beziehungen können verstärktem Streß ausgesetzt sein, oder sehr gegensätzliche Temperamente zusammen….da gibt´s ne Menge Beispiele.
@nqlb
ja, ich hätte beinahe meine beste uni-freundin nicht kennengelernt, weil sie mich für tot-arrogant hielt – tja, sie hat mich halt von rechts [wegen ;)] angesprochen ^^.
PS
Allgemein, nqlb, kann man vermutlich sagen:
Verallgemeinern kann man NIE was. Es gibt vielleicht Tendenzen – aber eigentlich sind Beziehungen wohl so individuell wie die Menschen selbst es sind. 😉
Übrigens – irgend jemand hatte oben auch die Möglichkeit erwähnt, daß die Behinderung als Beziehungskiller auch vorgeschoben sein kann.
Ja, kann auch sein.
Leute, die ne Beziehung beenden möchten, wollen ja nicht gern als böse dastehen und dann sucht man sich schon mal irgendwelche Begründungen, warum das jetzt nun überhaupt nicht mehr geht…..
(eine der bescheuertsten Aussagen stammt m.E. vom Ex-Skispringer Dieter Thoma, der, als seine Gattin mit dem jüngeren Kind schwanger war, schon ne Freundin hatte und zu den Schwangerschaftskomplikationen der Ehefrau kommentierte: Alle Frauen könnten Kinder gebären – nur seine nicht. – Toll. Sagt der Kerl, der aufgrund seines Geschlechts nie das zweifelhafte Vergnügen haben wird, sich mit sowas rumzuschlagen.)
@regenbogen
„Sicher? Lt. Klischee klappt es besser, wenn der Mann der hörende Part ist?“
Nein, nicht sicher, war mehr als Vermutung oder gar Provokation gedacht: Aus der Überlegung heraus, dass der Mann der Starke, der Beschützer und damit der „Unversehrte“ sein muss.
Du hast völlig recht, dass es auch andere Klischees gibt, wie z.B. dass „eher der weibliche Teil der Bevölkerung geneigt ist, auch Behinderungen beim Partner zu akzeptieren“
Vielleicht gleicht sich das ja alles aus? Oder wir müssen es – wie so oft – ein bisschen differenziert betrachten? 😉
Nun, wie dem auch sei: ich heute nicht mehr. Und tschüss 🙂
Also ich glaube ja, daß Kommunikationsschwierigkeiten – darunter möchte ich Hörprobleme hier einmal fassen – eher dazu führen, daß die Erkenntnis, ob der Partner der „richtige“ ist, eher deutlicher hervortreten lassen oder vielleicht auch zunächst verschleiern. Ich stelle es mir in meiner Naivität so vor, wie bei Paaren, die aus verschiedenen Kulturkreisen kommen und unterschiedliche Muttersprachen sprechen.
Beziehungen zwischen Hörenden und Hörbehinderten sind für beide Seiten anstrengend.
Regenbogen hat grundsätzlich recht.
Wir Hörbehinderten (und auch andere Behinderte) sollten nichts wegleugnen oder
schönreden usw.
NqlB hat auch recht, Hörbehinderung kann zum Beziehungskiller werden.
Aber nur dann, wenn bei einem PartnerIn die
Hörbehinderung am Anfang der Beziehung nicht
vorhanden war.
Auch wenn hörender PartnerIn am Anfang der
Beziehung so verliebt war, das er/sie glaubte,
„unsere Liebe ist stärker als alle Probleme“
kommt irgendwann die Ernüchterung.
Es gibt aber „gemischte Ehen“ die ein ganzes Leben lang in echter Liebe gehalten haben.
Ich glaube:
Basis für echte Liebe ist eine funktionierende Kommunikation. (Kommunikation ist nicht nur
gesprochene Sprache).
Man könnte tausende „Liebes- oder Tragik-Romane“ über das Thema schreiben.
Off Topic eine kurze wahre Story:
Sie (hörend) ist mal wieder sauer auf ihren Mann
(gehörlos).
Sie sagt:“Du taubstummer Macho“.
Er hat mit Lippenlesen nur „taubstumm…“ erkannt und gebärdet in Gebärdensprache:
„was hast Du hördumme Zicke gesagt?“
Sie erkennt nur die Gebärden für „hördumm..“.
Sie beginnt zu weinen.
Er bereut sofort und nimmt sie tröstend in die Arme und trägt sie ins Schlafzimmer.
Am nächsten Morgen scheint die Sonne, beide
sind glücklich.
Und wenn sie nicht geschieden sind, lieben sie sich noch heute jeden Tag.
frauke, ich hab in den Quellen nichts über Genderaspekte gesehen. Könnte es mir aber auch so und so vorstellen.
regenbogen, ich denke, wir sehen das ähnlich
rebhuhn, ich mag gar nicht drüber nachdenken, welch tolle Bekanntschaften mir entgangen sein könnten. 😦
coala, ich glaube schon, aber wohl auch nicht immer. 😉 Auf jeden Fall könte ich mir vorstellen, dass man schneller die Rechnung aufmacht und sich überlegt ob es das wert ist und warum als wenn alles scheinbar glatt und ganz ohne Widerhaken verläuft.
charly brown, progredienter oder plötzlicher Hörverlust ist noch problematischer als wenn er stabil ist, das stimmt. Vermutlich auch extrem volatiler, wie bei einigen meniere-fällen. Ich denke es sind die Veränderungen zu denen man gezwungen ist (in Berufsleben, Identität, Lebensweise, Alltagsroutine), die es noch problematisch machen als die „bloße Verschiedenheit“ und ihre Anforderungen.
Ansonsten halte ich es aber lieber mit Deinen Positivbeispielen. 🙂
Schwerhörigkeit macht stumm – wow, das ist ziemlich genau das, was ich an mir beobachte in der Beziehung zu meiner Mutter. Auch wenn Du in erster Linie Liebesbeziehungen meinst, die einfach anders gestrickt sind, fühle ich mich sehr, sehr angesprochen von diesem Satz.
Ich leide unter meinem Stummsein, zwar bestimmt nicht so, wie meine Mutter unter der Stille leidet, die sie schon so lange umgibt, dass sie kaum noch ohne sie kann (sie zieht ihre Hörgeräte aus, wann immer sie kann, aber das ist ein anderes Thema). Das Stummsein ist für mich einerseits erzwungen, da der Empfänger (Ohren meiner Mutter) nun mal kaputt ist, aber andererseits ist es auch ein Ausdruck mangelnder Bereitschaft meinerseits, mich auf den Modus „langsam und deutlich“ einzustellen. Da scheitere ich also regelmäßig. Klar, dafür gibt es immer Gründe: Gespräch am Telefon, Gespräch im Beisein von Kindern oder anderen Störfaktoren, falsche Themen, falscher Zeitpunkt, unkontrollierte Emotionen – was auch immer, es sind meist berechtigte Gründe. Aber danach bin ich oft einfach nur traurig. Weil die Kommunikation nicht klappt. Ich merke, dass ich zusehends an Worten spare.
Du schreibst hier so wohltuend unanklagend über die, die stumm werden. Ich habe oft gehört, dass ich mich mehr anstrengen müsste. Sicher, ich kann mich beim Sprechen mehr anstrengen. Schließlich hört meine Mutter schon angestrengt zu. Ich habe aber oft das Gefühl, dass wir unsere Beziehung wesentlich dadurch verbessern, wenn wir es einmal anders herum machen: Wenn ich mich mehr beim Hören anstrenge und sie sich mehr beim Sprechen. Nicht allgemein, sondern ganz speziell: Wenn sie mir mehr erklärt, wie sich Hören für sie anfühlt und ich besser hinhöre, wenn sie gerade nicht ausdrücken kann, wie es ihr geht, weil sie sich so sehr mit ihrer Schwerhörigkeit beschäftigen muss. Die Perspektive zu wechseln hilft oft, wenn man sich gerade nicht versteht. Denn es gehören immer zwei dazu, wenn es nicht klappt: einen, der nicht verstanden wird und einen, der nicht versteht; einen, der zu wenig zuhört und einen, der zu wenig sagt. Wer welche Rolle hat, ist doch da gar nicht durch die Schwerhörigkeit festgelegt.
@CharlyBrown:
Ich denke, daß auch Beziehungen scheitern können, bei denen der eine Part von vornherein hörgeschädigt war.
Siehe das Beispiel von Nikana.
Ich vermute mal, es scheitert dann, wenn der hörende Part sich vorher falsche Vorstellungen macht. „Der kann doch von den Lippen ablesen“ (wird ja allgemein gern angeführt, weil nicht alle Leute wissen, daß das nur zu gewissen Anteilen geht, aber nicht zu 100 %). „Ich muß da halt nur ein bißchen lauter sprechen.“
Und dann entpuppt sich das doch als etwas mühseliger. Man muß es doch ein paarmal wiederholen. Man muß erst lernen, wie die Lautstärke einzustellen ist und wie deutlich (ohne verzerrt zu wirken) das Mundbild sein muß. Man muß sich erst dran gewöhnen, sich immer dem anderen so zuzuwenden, daß er einen sieht – aber bitte nicht mit der Sonne im Rücken. Und wenn der andere ganz gehörlos ist, muß man mit der Gebärdensprache erst eine ganz neue Sprache lernen – was für den gehörlosen Partner dann auch anstrengend ist, denn er muß drauf warten, bis ein völliger Neuling die Sprache einigermaßen firm beherrscht, und ihm bis dahin beim Üben helfen. (Wird ja ohnehin von manchen oder vielen Gl als zu mühsam empfunden, da sie ja ihren Alltag schon unter Hörenden zurechtkommen müssen und dann wenigstens in der Freizeit entspannen können.)
Wenn die Liebe stark genug ist, kann das trotzdem gehen.
Wenn´s aber nur Schmetterlinge im Bauch waren, die irgendwann ausfliegen, – können beide Seiten sich sagen: Ach nee – das geht mit einem anderen weniger mühselig.
Welche Beziehungsultur am Anfang einer Liebe geschaffen wird, ist meiner Meinung nach entscheidend für die Sichtweise auf alle späteren Konflikte. Wenn man am Anfang viel Energie darauf verwendet, dem jeweils anderen zu ermöglichen, wirklich zu verstehen, warum, wie und was man selbst ist und wo der andere seine eigenen Bewertungsmaßstäbe verlassen muss, dann schafft man es viel leichter in hitzigen und schwierigen Situationen nicht in die verlockende Erklärungsschiene zu kommen, alles nur auf die Schwerhörigkeit zu schieben. Dann kann man sicher viel leichter bei der wahrhaftigen Wahrheit bleiben. Und die ist ja immer viel komplexer als das Augenscheinliche.
Das Schöne ist: das gilt aber genauso für „normale“ Beziehungen. Wenn man sich liebt, muss man irgendwann der Wahrheit ins Auge sehen. Und die kann so gehen: Das Objekt der Begierde ist manchmal einfach schwer auszuhalten. 😉 Welche Schlüsse man dann aus dieser Erkenntnis zieht – dableiben, kämpfen, weglaufen, aufgeben, kapitulieren, trotzig werden, noch mehr lieben – ist wohl nicht immer rational, äh, nicht immer irrational.
Janice, hallo und willkommen! Freut mich, dass Du dich angesprochen fühlst (obwohl es natürlich eigentlich nichts ist, worüber man sich freuen sollte). Dein/Euer Rollenwechsel-„Spiel“ finde ich ganz toll und bewundere, wenn Ihr das so im Alltag (ab und zu) hinbekommt. Wenn man so die „Abwärtsdynamik“ aufbrechen und die Leute näher zueinander treiben kann — wunderbar!
Regenbogen, also mit Gebärdensprache und den Dynamiken da kenn ich mich nicht so aus, weißt Du ja. Aber ansonsten würde ich sagen, dass die Punkte Lautstärke einstellen, deutlich reden, zuwenden etc. noch die einfacheren sind, die die Mehrheit der Menschen doch recht schnell drauf hat. Wenn es um den 1:1 Kontakt geht jedenfalls, nicht wenn es in der Gruppe ist. Aber wie Du sagst, coala hat’s ja auch schon angedeutet, man sieht vielleicht schneller ob’s nur Schmetterlinge waren.
Und nochmal Janice, genau, in dem Punkt sind eigentlich alle Beziehungen gleich. Aber genau darum würde ich ja Charly Brown zustimmen und sagen, wenn sich während der Beziehung was am Hörstatus verändert ist’s problematischer als wenn’s statisch bleibt. Weil dann so viel (und möglicherweise immer wieder) neu verhandelt werden muss. Obendrauf auf den Veränderungen, die man „sowieso“ schon hat im Laufe der Jahre.
Hallo nqlB (darf man das so abkürzen? Ist halt einfacher)!
Danke für die nette Begrüßung. Ich lese schon eine ganze Weile interessiert mit und ich muss sagen, dass mir das ganz schön dabei hilft, meine Mutter besser zu verstehen. Ist schon längst fällig: DANKE dafür!
Klar, wenn einer plötzlich krank wird oder eine Behinderung bekommt oder einen Unfall hat oder sich auf andere Weise kolossal verändert, wirds schwierig. Da steht die Liebe auf dem Prüfstand. Wer es dann nicht schafft, die Liebe zu halten, ist auch nur ein Mensch, würde ich sagen.
Aber noch mal auf Schwerhörigkeit bezogen. Wenn sich das plötzlich verändert und der Partner einen nicht mehr hören kann, ist das ein bisschen so, als ob man verlassen wird. Denn eine wichtige Verbindungsleitung wird gekappt. Der Versuch, für diese eine Leitung eine andere aufzumachen, kann einfach auch schnell schief gehen. Sehe das auch so. Und halte diesen Zustand für extrem anstrengend und für viel Arbeit.
Tach zusammen,
Beziehung baut immer auf Kommunikation auf. Kommunikation ist eine der bedeutendsten Grundlagen von Beziehung. Wenn nun dieses Fundament der Beziehung durch Kommunikationsprobleme erschüttert wird, wirkt sich das zwangsläufig auf die Beziehung aus – das geht gar nicht anders!
Ob die Kommunikationsprobleme nun dadurch ausgelöst werden, das Männer oft keine Lust haben zuzuhören (hat nina ganz oben irgendwo geschrieben) oder ob es daran liegt das einer der beiden Partner tatsächlich schlecht hören kann ist dabei erstmal wurst – es wirkt sich in beiden Fällen auf die Beziehung aus.
Nun lehne ich mich mal etwas aus dem Fenster und behaupte, das es bei Kommunikationsproblemen immer der „keine Lust Faktor“ die Ursache ist. Bei der oben angesprochenen Theorie, das Männer oft keine Lust haben zuzuhören ist es offensichtlich – es ist ihnen wohl zu anstrengend… Und wenn nun Schwerhörigkeit im Spiel ist – ja genau dann ist es eben auch anstrengend. In beiden Fällen ist die Problematik aber überwindbar – durch Anstrengung.
Selbst Kommunikation zwischen 2 hörenden Partnern kann sehr anstrengend verlaufen und kann die Beziehung gefährden, sobald einer der beiden keine Lust mehr hat sich weiterhin anzustrengen.
Das Problem liegt dann auf der Hand, wenn einen der Beziehungspartner die Lust verlässt, diese Anstrengung für den Anderen auf sich zu nehmen. Das tut dann weh – fühlt sich dann ja so an, als wäre man selbst dem Anderen nicht wertvoll genug, das sich die Anstrengung weiter lohnen würde.
Die heutige Gesellschaft ist aber nun mal auf dem tripp, immer den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Das würde auch die im Ausgansbeitrag erhöhte Scheidungsrate bei gemischt Hörenden erklären. Und natürlich auch die allgemein steigende Scheidungsrate.
Dabei kann es so bereichernd sein, wenn man sich für einen Anderen anstrengt ohne dafür etwas zurück zu erwarten…
@Anfänger:
Gut gesagt.
Wir leben heute in einer Konsumgesellschaft – und das schließt Menschen mit ein.
Zudem verwechseln gerade heute viele Leute Liebe mit Sex. Wenn heute jemand sagt „Ich liebe dich“, meint er damit oft „Ich will mit dir schlafen“.
Wie oft hab ich bei Promi-Trennungen gelesen: Wir haben einfach gemerkt, daß wir nur noch Freunde, aber kein Liebespaar mehr sind.
Heißt eigentlich, es ist alles in bester Ordnung (denn dieser Moment, wo man jeden Quadratzentimeter des anderen kennt, der kommt unweigerlich) – nur daß die Leute denken, es müßte immer genauso weiter gehen wie am Anfang.
Schätze, es ist genau diese Phase, in der sie dann auch sagen….“och nee“, zumal wenn irgendwelche sonstigen Probleme dazukommen.
Jupp – das mit der Liebe ist sowieso so ein Thema. Wie oft habe ich gehört das Leute sagen, das die Liebe weg ist und das sie ja nix dafür können und sich nun trennen.
So ein Bullshit! Sorry, aber klar können die was dafür wenn die Liebe weg ist. Man muss ständig daran Arbeiten – und wenn man dazu keine Lust mehr hat ist man selber der EINZIGE dem man dafür die Schuld in die Schuhe schieben kann.
Liebe ist nicht etwas das kommt und geht wie gutes oder schlechtes Wetter – An liebe kann und muss man ständig arbeiten. Genauso wie an der Kommunikation.
Janice, das freut mich zu hören. Klar darf man das abkürzen. Mit dem Verlassenwerden-Vergleich liegst Du, glaube ich, ganz richtig. Sowas habe ich auch schon von älteren Ehepaaren gehört.
Anfänger, in der Tat, wohl gesprochen! Dazu habe ich übrigens neulich diesen sehr spannenden Beitrag im Deutschlandfunk zum Hören Trainieren benutzt. Kritisch wird’s dann, wenn noch irgendwas anderes da ist, was Kraft saugt. Dann ist Anstrengung nämlich nicht nur eine Frage der Lust. Man kann sie dann vielleicht gar nicht aufbringen, auch wenn man es eigentlich wollen würde.
Jetzt habe ich nicht alles durchgelesen, aber vieles von dem, was gepostet wurde. Tolles Thema.
Meine Erfahrung aus einer gescheiterten Beziehung war eigentlich gut, was die Schwerhörigkeit anging: Mein hörender Freund hatte das nie zum Thema gemacht und sah einfach, dass es meine Sache und eben nicht zu ändern war. Er hat mich nicht betüdelt, mir nichts abgenommen oder mich umsorgt – und es auch nie gegen mich verwendet. Auch nicht im Trennungsstreit. Nie. Das finde ich heute noch toll von ihm. Wir haben uns aus ganz anderen Gründen getrennt.
Wie die Schwerhörigkeit eine Beziehung verändert oder prägt, habe ich mir noch nie klar gemacht. Es ist gefährlich für die Psyche, bei der Behinderung Nachteile oder Schuld zu suchen, weil man sie einfach nicht ändern kann! Deshalb ist es sehr sehr problematisch, der Hörbehinderung eine störende oder zerstörende Funktion zuzuweisen. Wenn ja, hat man denn eine Wahl?! Also ist es gut für die Psyche, nicht noch mehr auf die Mistbehinderung zu schieben, denn die ist schon nachteilig genug.
Das Beispiel von NQLB „Sie musste mit dem Weinen aufhören oder es zumindest beherrschen, um mit mir zu reden. Damit ich weiß was überhaupt los ist.“) bringt es aber auf den Punkt, ist wirklich traurig. Und macht deutlich, dass man so „soldatisch“ sein muss, wenn man schlecht hört – und die anderen müssen es auch sein. Diese feinen kleinen schönen Stimmungen, wenn man nuscheln oder flüstern oder seufzen oder kichern oder brummeln darf, die fehlen. Die sind weg. Als Ertaubte kenne ich das nur zu gut, kenne aber auch die andere Seite, möchte mich selbst nicht auch noch drosseln müssen beim Reden – und bin natürlich unter Hörenden, wo ich einfach so drauflos reden kann. Mir fällt es nämlich ebenfalls schwer, mit jemandem zu sprechen, der schlecht hört.
Es gibt aber auch positive Auswirkungen: Weil ich Geschrei oder Geschimpfe nicht verstehe, muss mein Gegenüber im Streit „runter kommen“ und sagen, was er sagen will, ruhig und ausführlich, dann höre ich es. Das hat zur Folge, dass wir schneller auf das Wesentliche kommen, der Ärger geht raus und die echten Dinge dahinter kommen hervor. Für die Beziehung ist das sehr gut. Es klappt auch deshalb, weil mir sehr wichtig ist, was mein Freund denkt, deshalb höre ich bis zu Ende an, was er sagt, WENN er es ruhig und verständlich sagt – und die Emotionen runterpegelt. Er merkt, dass ich das aufnehme und sieht die Hörbehinderung nicht als Hindernis an. Das ist auch vorteilhaft.
Aber mich hat das doch sehr angerührt, was NQLB beschrieben hat. Macht unsicher. Denn so sperrig und holzig möchte man doch nicht sein für den Anderen …
Diesen Text habe ich eben meinem Herrn T. zur Pflichtlektüre geschickt. Damit er allmählich zu verstehen beginnt, was auf ihn zukommen könte.
Pia, „soldatisch“, das trifft es gut, was da mitunter von beiden verlangt wird. Außerdem freue ich mich immer, wenn Leute es schaffen, das Schlechthören produktiv einzusetzen, zB so wie Du es beschreibst.
Das ist übrigens ein interessanter Punkt, den Du ansprichst, dass auch wir Schwerhörige nicht davor gefeit sind, selbst ungeduldig zu sein beim Reden. Zumindest wenn wir es gewohnt sind, Flotthörende um uns zu haben.
frau frogg, das nehme ich mal als Kompliment. Bitte schicken Sie all die feinen Kommentare der anderen auch mit!
I have been married thirty years. Have been losing my hearing all that time. About ten years ago my husband started losing his hearing too. Our marriage has never been stronger. Not only did he learn what I go through, but I learned how he felt as the partner of someone who can’t hear. We both learned what it was like to be in the other person’s shoes. We are generally more compatible now too, since we both like the captions on and we both prefer quiet restaurants over noisy. I only wish he would learn some sign language.
@Pia:
Ich glaube, da sollte jetzt auch nicht „der Behinderung die Alleinschuld“ gegeben werden.
Ich denke nur, die Leute müssen sich vorab klar machen, welche spezifischen Anforderungen da auf sie zukommen werden. Wenn sie die bewußt annehmen, kann das sehr gut gehen und auch bereichernd sein – oder sogar, wie Du ja anhand des Streitbeispiels geschrieben hast, vorteilhaft sein.
Aus reiner „political correctness“ sich einfach so in eine Beziehung stürzen, ohne sich vorher mit demjenigen Menschen, seinen speziellen Lebensumständen etc. zu beschäftigen, könnte doch irgendwann in einer ziemlichen Enttäuschung enden.
(Nebenbei…das gilt nicht nur für Behinderungen. Gilt auch für andere Kulturen, für Glaubensfragen etc.)
Kim, thanks for sharing your story. An encouraging tale. Words can explain so much but when it comes to knowing what it’s like to be in someone else’s shoes there really isn’t anything like experiencing it for yourself.
Regenbogen, ich kann mir ja nicht recht vorstellen, dass sich jemand aus political correctness in eine Beziehung stürzt. Zumindest habe ich das noch nie erlebt oder gehört.
Okay, war blöd ausgedrückt…
ich meinte damit, daß jemand eine Beziehung eingeht, ohne vorher die evtl. aufkommenden Probleme zu überlegen – aus political correctness. Weil man ja ansonsten jemanden diskriminieren könnte oder so.
Vielleicht sollte ich es am besten zwecks Verständlichkeit konkretisieren….
Ich hatte gesagt: So ne Beziehung, wie mein Bruder sie hatte – ich hab ihn dafür bewundert, aber mir wäre das, glaube ich, zu anstrengend gewesen – ich glaube, ich wäre diese Liaison nicht eingegangen.
Dafür hab ich verbal eins drauf gekriegt, meine arme Schwägerin, wenn die wüßte, was ihre böse Schwägerin über sie denkt.
So, und jetzt stell Dir vor, das wär nicht die Freundin meines Bruders gewesen, sondern ein männliches Wesen, mit dem ich in freundschaftlicher Zuneigung verbunden gewesen wäre. 😉
Ich hab das Gefühl, die Leute, die mir das an den Kopf geschmissen haben, hätten von mir erwartet, daß ich eine Beziehung nicht hätte ablehnen dürfen – weil das ja eine Diskriminierung gewesen wäre.
Wenn ich da jetzt also aus lauter Angst, mich in die Nesseln zu setzen, „ja“ zu mehr gesagt hätte – dann hätte ich das quasi aus political correctness heraus getan.
Bißchen klarer jetzt, was ich meine? 😉
anfangs ging es hier um das spezielle Thema „einer der PartnerInnen hat Hörbehinderung“.
Und da muss man auch unterscheiden, ob die Hörbehinderung schon am anfnag der Ehe bestand oder erst später aufgetreten ist.
Inzwischen wird allgemein über Partnerschaft
zwischen Behinderten und Nichtbehinderten diskutiert.
Grundsätzlich stimme ich Regenbogen zu,
Beziehung mit Behinderten ist anstrengend und
wer diese Anstrengung nicht aushalten will,
darf nicht von „political korrekten Gutmenschie“ moralisch verurteilt werden.
Jeder Mensch hat das Recht bei der Partnerwahl
nach persönlichen Kriterien zu entscheiden.
Tip: in dem Film „Gottes vergessene Kinder“ werden die Schwierigkeiten einer Partnerschaft zwischen hörenden Mann und gehörloser Frau recht gut dargestellt. Allerdings ist der Film etwas typisch „US-Schmalz-Romantik“ und
da ist die gehörlose Frau natürlich sehr attraktiv.
Habe in meinem schon recht langen Leben einigemal gesehen, wie die schönsten gehörlosen Frauen von hörenden Männern geheiratet wurden und nach einigen Jahren, wenn die Schönheit geschwunden, war die Ehe aus.
….wie Ihr Jungs halt seid.
Wenn die Frauen verblühen, verduften die Männer.
:-p
Das passiert wohl ziemlich häufig, unabhängig von einer Behinderung….
(In Filmen sind die Frauen ja allgemein sehr attraktiv, ebenso in Büchern. Wahrscheinlich darf es einfach nicht sein, daß sich man(n) in eine häßliche verliebt. – Aber das ist jetzt offtopic. 😉 )
Regenbogen, ja, was Du meinst, ist klar. Kann mir nur immer noch nicht recht vorstellen, dass sowas häufig vorkommt, dass Leute aus den Gründen eine Beziehung eingehen oder sogar heiraten obwohl sie es nicht wollen.
Denn ich muss auch Charly Brown zustimmen, es ist bei uns so Allgemeingut geworden, dass Partnerwahl eine ganz persönliche Sache ist — das ist halt eine Münze mit zwei Seiten: Einerseits kann man kaum noch rechtfertigen, Leute zusammenzuzwingen wenn die das nicht wollen. Andererseits fällt aber auch das „Verduften“ leicht, sobald sich Schönheit oder Liebe verflüchtigt zu haben scheinen.
Gottes vergessene Kinder wollte ich eh schon lange sehen, das mach ich jetzt mal!
Nee, ich meinte auch nicht, daß das oft vorkommt.
Ich meinte, wenn man das täte, was da so gewisse Leute anscheinend erwartet hätten, dann könnte das doch ziemlich leicht in einem Fiasko enden.
Reiner Konjunktiv also. 😉
O ja, Gottes vergessene Kinder würde ich mir auch mal reinziehen, wenn das mal im Fernsehen kommt.
Kürzlich hab ich auf Bayern 3 Gelegenheit gehabt, „Jenseits der Stille“ zu sehen – fand ich auch sehr beeindruckend. Brachte mir irgendwie den Schmerz des Unverstandenseins von dem gehörlosen Vater näher….wenn da so die Rückblenden in die Kindheit kamen und die klarinettenspielende Schwester so bevorzugt wurde…..
Das Interessante bei „Gottes vergessene Kinder“ ist die reale Liebesbeziehung der beiden Schauspieler, die sich bei oder nach den Dreharbeiten entwickelt hatte. Der hörende Partner hat Gebärden gelernt, nicht nur für den Film, sondern für seine Freundin (Ehefrau?). Die mehrjährige Beziehung ist mittlerweile beendet, aber das hatte wohl nicht unbedingt etwas mit der Hörbehinderung zu tun. Stimmt, die Geschichte in dem Film selbst ist amerikanisch kitschig.
Den Film „Jenseits der Stille“ fand ich enttäuschend und eher ärgerlich. Der gehörlose Vater war die interessanteste Figur in dem Film, aber er wurde zum Statisten und Hindernis für das „arme“ hörende und begabte Kind verdammt. Hängt mir zum Hals raus, dass in Filmen die anfangs Benachteiligten dann irgendwelche Supertalente aus dem Hut zaubern und nur entdeckt werden müssen. Ist in beiden Filmen der quasi Kern der Geschichte und einfach ekelhaft. Es gibt unzählige weitere Filme in der Art, wo der „Underdog“ gleich überdurchschnittliche Fähigkeiten hervorholt, sobald der edle Gönner oder Entdecker ihm hilft oder das Hindernis aus dem Weg geräumt ist.
*seufz*. Supertalent? Ich bin hörbehindert UND habe mal wieder Übergewicht UND kann nicht gut Kopfrechnen UND habe immer Dreck an den Schuhen und Flecken an den Klamotten UND Pickel UND bin mittelmässig im Beruf UND komme ständig zu spät UND verliere jedes Schachspiel UND bin kärglich gebildet UND komme vom Thema ab ….
Hm, so habe ich das gar nicht empfunden bei „Jenseits der Stille“. Ich persönlich fand die Gefühle der einzelnen Beteiligten und deren Probleme miteinander gleichermaßen rübergebracht – aber das wird wohl von jedem anders gesehen.
Übrigens würde ich „Durchschnittlichkeit“ gar nicht so negativ sehen…..meist sind „Durchschnittliche“ gar nicht so durchschnittlich, wenn man sie näher betrachtet. 😉 Und natürlich den richtigen Blick dafür hat.
(Nebenbei….ein Supertalent kann auch ein ausgesprochener Fachidiot sein. Mit dem Film gesprochen: Kann super Klarinette, aber sonst nicht viel….)
Pia, stimmt, dass Filmpartner zueinander finden ist ja so selten nicht. Deine kleine Filmkritik macht mich neugierig. Gottes vergessene Kinder kenne ich ja gar nicht, Jenseits der Stille habe ich vor Jahren mal gesehen. Lange bevor ich mich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt hab. Bin gespannt wie die heute auf mich wirken, könnte mir vorstellen, dass es wie bei Dir sein könnte…
…liegt vielleicht auch daran, aus wessen Perspektive man den Film sieht.
Pia, Du als Hörgeschädigte, als Betroffene, siehst das vielleicht schon aus diesem Grund anders?
Aus Gottes vergessene Kinder (allerdings als Theaterstück) hab ich nur mal Ausschnitte gesehen, als mal drüber berichtet wurde – denke, das war irgendwann bei Sehen statt Hören…
PS
Ich denke ohnehin, daß die Klarinette nur ein Synonym für die Verschiedenheit der Welten sein sollte. Halt etwas, das dieses hörende Kind dem Vater -wie er ja zumindest befürchtet- entgleiten läßt.
An irgendwas mußte Caroline Link das ja festmachen – diesen Unterschied.
@regenbogen
Ach so. Na gut. Ich dachte wirklich, es geht um um das Hören und hatte große Neugier. Den Film habe ich gesehen, als meine Ohren bereits schrittweise den Geist aufgaben. Damals wollte ich etwas über das Leben ohne Hörfähigkeit erfahren und dachte, der Film bringt es näher, lässt hinein sehen. Nix da. Der Vater war isoliert und eine unverstandene Person in dem Film. Fand ich bitter.
Na, hineinsehen lassen in die Beziehung zwischen Nichthörenden und Hörenden hat er ja. Nur ist es halt nichts worauf man sich freuen kann oder was als Vorbild taugt. (Wenn ich mich recht erinnere…)
@Pia:
Ach so, ja, wenn man es unter solchen Umständen anschaut, – da kann ich mir wohl vorstellen, daß das einen bitteren Beigeschmack hat.
Ich kann mir aber auch vorstellen, daß das in manchen (wie vielen, kann ich nicht sagen, da fehlt mir der Einblick) Beziehungen wirklich so ähnlich abläuft. Zumal ja auch der Vater noch eine Generation früher dran war…
Heute mag sich das langsam bessern, es interessieren sich ja so einige Hörende für Gebärdensprache und machen Kurse….
wäre ja schön, wenn das gegenseitige Verständnis wachsen würde.
Was mich ja auch mal interessieren würde….
wie oft kommt das wohl vor, daß tatsächlich (heute noch) CODAs als Kinder für ihre Eltern dolmetschen (müssen)?
Und wie weit erstreckt sich eigentlich der Anspruch auf einen Dolmi – ich denke da jetzt an die Situation in der Bank und beim Elternsprechtag? In Behörden ist das ja gesetzlich geregelt, daß da ein Dolmi gestellt bzw. bezahlt werden muß….(auch wenn ich ab und an gelesen habe, daß das wohl bei den betroffenen Behörden nicht immer bekannt ist – jedenfalls bei den Sachbearbeitern nicht.)
@not quite:
Ja, stimmt – wenn man das anschaut, um sich ein Bild zu machen, was auf einen zukommt….kein Anlaß zur Vorfreude.
Schätze aber, daß das ja keine heitere Unterhaltung sein sollte, sondern bewußt den Blick auf potentielle oder tatsächliche Probleme lenken sollte – wie gesagt, wie weit verbreitet diese Probleme sind, entzieht sich meiner Kenntnis.
Mich würde interessieren, wie die Beziehung im Fall der Spastikerin genauer ausgesehen hat. Kamen die stärkeren Impulse bei der Bindungssuche von ihr oder vom Bruder? Oder möglicherweise von beiden? Dann könnten wir das als Edelmut bezeichnen, oder besser noch Liebe. Stefan Zweig hat es in seinem Roman „Ungeduld des Herzens“ so treffend dargestellt. Ein Arzt lebt die Liebe zu einer Blinden beispielhaft vor. Im Gegensatz dazu kann ein Regimentsulan die Liebe einer Gelähmten nicht erwidern. Das 2. Beispiel, da sollten wir uns nichts vormachen, ist die gängigere Praxis. Denn Menschen sind von Natur aus nicht so selbstlos, um Mehrbelastung und Opferbereitschaft auf sich zu nehmen, obwohl es natürlich einige Ausnahmen gibt. Man möchte sein Leben schon so angenehm wie möglich gestalten, und nichts Belastendes an sich heranlassen. Ganz wichtig ist, ob eine Behinderung schon vorher bestanden hat oder erst im Verlauf des Zusammenlebens hinzugekommen ist. Und auf unser Fallbeispiel bezogen weiß ich nicht, was vorlag. Bei einer erst erworbenen Behinderung ist die Chance zusammenzubleiben jedenfalls größer als andersherum, obwohl auch das nicht immer einfach ist und scheitern kann. Im Gegensatz dazu ist die Beziehung auf der Grundlage eines Kennenlernens schon deshalb schwierig, weil das Bedüfnis nach einer solchen Bindung normalerweise nicht gegeben ist. Falls sie sich wirklich entwickelt, muß es nicht unbedingt zu den ganz schlimmen Problemen kommen, doch sie sind wohl stärker vorprgrammiert. Wir wissen, daß die Art der Behinderung durchaus eine große Rolle spielt. Wer als Hörgeschädigter/Gehörloser mit einer unsichtbaren Behinderung noch am besten in der Außenwirkung ankommt (ich denke da besonders an weibliche Attraktivität) hat unbestreitbar Vorteile. Nicht umsonst heißt es: „Der hellste Neger hat die besten Chancen“. Ob man dann mit diesen Chancen Menschen halten kann, steht auf einem anderen Blatt.
In dieser Rubrik sind kritische Meinungen geäußert worden, die sehr viel lesenswerter sind als die selbstgefällige und schönrednerische Berichterstattung der Behindertensendungen. Was dort manchmal mit vollendetem Pathos vorgetragen wird, ist an Naivität nicht zu überbieten. Es entsteht meist der Eindruck, man müsse sich nur überwinden, sich zu seiner Behinderung bekennen, und schon bald wären alle Probleme gelöst. Deshalb sind solche Sendungen längst nicht bei allen Betroffenen beliebt.
Noch etwas zum Film „Jenseits der Stille“. So wie Regenbogen habe auch ich ihn gesehen. Es ist bestimmt kein so schlechter Film, weil die seelische Betroffenheit besonders in der Musikszene sehr gut zum Ausdruck kommt und der Schmerz in den Rückblenden nachvollziehbar ist. So wie gezeigt wäre es im Alltag vorstellbar (wenn auch nicht auf ganz so aggressive Art und Weise). Ich sage das, weil es auch in Musikerfamilien Ertaubungen gibt und diese für alle Beteiligten zu einer ganz schweren Bürde werden können. Auf den etwas zu kitschig angelegten Gefühlstouch mit diesem Gehörlosenlehrer hätte man lieber verzichten sollen. Vor allem, als die Gehörlosen auf dem Boden liegen, danach aufstehen und der Hörenden etwas von Musikalität einsuggerieren. Der Film macht sich leider auch einer Verfälschung schuldig. Es ist nichts dagegen einzuwenden, eine Frau mit Gleichgewichtsstörungen (die etwas übertrieben waren) in die Handlung einzublenden. Dann aber hätte man diese Eislaufszene ganz am Anfang gar nicht bringen dürfen. Denn nach wie vor lernt ein Mensch mit Gleichgewichtsstörungen immer noch viel besser Radfahren als Eislaufen mit Pirouettendrehungen, die geradezu exzellent anmuteten. Hier hätte sich der Film besser kundig machen müssen. Auch von Emmanuelle Laborit konnte in dieser Beziehung kein Einwand kommen, denn einen intakten Gleichgewichtssinn mußte sie niemals entbehren.
Ich kann mich dem übrigens nur anschließen: Wirklich sehr tolle Kommentare habt Ihr hier versammelt. Danke schön!!
Schön, daß Du es so siehst, not quite. Darüber freue ich mich wirklich. Ich wünsche Dir ein schönes Osterfest, und allen anderen natürlich auch. Man liest sich bestimmt wieder.
Liebe Blog-Gemeinde,
vielleicht fällt jemanden von Euch dazu etwas ein. Situation: Mein Vater, 70 Jahre alt, genaugenommen mein Stiefvater, ist schon immer ziemlich schwerhörig gewesen, schon als er zur Familie dazukam (meine Mutter war jung verwitwet). Trug auch immer schon Hörgeräte, laufte sich neue, wenn es an der Zeit war und hatte so einigermaßen einen Umgang mit seiner Schwerhörigkeit gefunden. Meine Mutter kam auch damit zurecht. So la la. Natürlich gab es immer auch Spannungen, Missverständnisse… die Schwerhörigkeit hat eine ohnehin vorhandene Tendenz vielleicht verstärkt, dass meine Mutter die Dominate in der Beziehung und in der Familie ist – einfach weil sie eloquenter ist, während mein Vater eher verschlossen ist, und wenn er sich in Diskussionen einschaltet, oft aneckt, weil es meist so ausgeht, dass er – vom Standpunkt üblicher Logik aus – weniger „Recht hat“ als die anderen. Vielleicht wegen der Schwerhörigkeit, vielleicht wäre es auch ohne sie so. Wie auch immer – bislang ging es so la la, aber seit dem letzten Jahr hat sich das Hörvermögen (oder besser das Verstehvermögen) meines Vaters nochmals rapide verschlechtert. Morbus-Meniere-Anfall, linkes Ohr taub, danach Cochlea-Implantat (Uni Klinik Würzburg), linkes Ohr hört wieder (Geräusche sogar verblüffend gut) , aber das Sprachverstehen ist nach wie vor sehr schlecht. Wie schlecht ist schwer zu sagen. Fest steht: Telefonieren geht gar nicht mehr, auch nicht mit neuem Telefon (das die Lautstärke, Tonhöhe etc. anpassen kann, aber mein Vater kommt auch einfach mit dem Probieren ob das Telefon nicht doch für ihn passend gestellt werden kann nicht zurecht).
Feststellbar ist: es geht ihm mies, er ist frustiert und reagiert wohl oft (verbal) aggressiv gegenüber meiner Mutter. Meist so, dass der Anlass völlig irrational erscheint. Die Mutter bemüht sich Verständnis zu haben, kann aber es auch nicht immer.
Fazit: ein Paar, das seit Jahren eng aufeinander hockt, das keine engen Beziehungen nach irgendwem sonst hat. Klar, man hat Nachbarn, Verwandte, aber keine Freunde. Will auch keine (“ ich brauche keine Freunde, so die Mutter“). Ein Paar mit viel TV und auch einigem Freizeit-Zeitvertreib (Reisen). Aber ohne wirkliche Interessen (sie noch weniger als er), bei denen ihnen das Herz aufgeht. Bei dem die Spannungen zunehmen – untereinander und von da sich zwischen Mutter und älterer Tochter fortpflanzen. Für das es – vor allem für meinen Vater – überhaupt nicht vorstellbar erscheint, Rat und Hilfe von außen anzunehmen, die sich nicht aufs rein Medizische beschränken: Selbthilfegrupppe, selbst Reha nach dem Morbus-Meniere-Anfall – alles undenkbar. Man kommt allein zurecht. Meint man.
Die Kinder (ich und eine ältere Schwester): Wohnen weit weg. Man sieht sich selten. Die Mutter sehnt sich danach, etwas von der Last bei ihnen abladen zu können. Die Töchter wollen nicht Partei ergreifen gegen den Vater. Weil man die Wurzeln der aggressiven Ausbrüche auch in der jahrelangen Dominanz der Mutter sieht. Die immer die Überlegene war, die Recht hatte, während mein Vater unlogisch war, die vernünftig war und sich beherrschte, während er „laut“ wurde, die versucht die Telefon-Anleitung zu verstehen, (auch ohne Erfolg), während er nicht einmal hinein sieht und die Versuche das Telefon einzustellen frustriert schon nach wenigen Worten aufgibt…
Situation bei mir: Beklemmung. Trauer. Den Vater all die Jahre zu sehr in seinem Schweigem gelassen. Weil er oft nicht richtig verstand. Weil es so bequemer war. Weil ja er meist im Unrecht war, während die Mutter vernünftig argumentierte… . Viel Versäumnis. Nachholen? Man braucht sich wohl nicht vorzumachen das man jahrelang Versäumtes so einfach nachholen kann. Jetzt drohen die letzten Lebensjahre (und das können ja noch recht viele werden) immer freudloser für den Vater und die Mutter zu werden. Wenn man nur etwas fände, der für den einen oder anderen ein wenig eine Hilfe sein könnte. Etwas kleines und einfaches, das für die Eltern annehmbar wäre…etwas ohne „Psychokram“. Ohne viele Worte. Ohne latente Anklage des einen oder der anderen. Vielleicht etwas, mit dem mein Vater sein Sprachverstehen spielerisch trainieren kann, ohne Frusterlebnisse zu haben. Vielleicht ein Buch, das meiner Mutter etwas sagen könnte in ihrer Rolle als die unverstandene Tüchtige, die doch immer alles richtig gemacht hat. Und die schon allein klarkommt. Irgendetwas…
Hallo.
Also, die Paarproblematik ist einfach die Sache deiner Schwiegereltern, und wie sie sich ihr Leben einrichten, auch. Es sind erwachsene Menschen. Es gibt zigtausende ältere Paare, die nicht idealtypisch „händchenhaltend und lieb am Strand entlangstapfen“. Da gibt es starke Spannungen, die man als Angehöriger nicht lösen kann (und auch nicht lösen muss).
Aber dass eine Schwerhörigkeit die Beziehung verschlechtert, ist ganz sicher möglich, weil ein hoher Stressfaktor dabei ist. Man ist nicht entspannt, wenn man schlecht hört. Und lautes Sprechen kippt schnell ins Rohe, Agressive. Ärger und Frust sind latent immer vorhanden.
Ich kann kein Buch empfehlen, sondern die Selbsthilfegruppe http://www.kimm-ev.de/ für Menierepatienten. Dort gibt es fachliche Infos und konkrete Alltagstipps, also keineswegs irgendwelche „Betüdelung“. Man braucht Eigenständigkeit und den Mumm, etwas Schritt für Schritt selbst zu lösen (das kannst du jetzt deinem Schweigervater gern zu lesen geben. Es ist SEINE Krankheit und sein Ding, es sich leichter zu machen, nicht die Aufgabe seiner Frau oder anderer Leute.)
Gute Infos zu Hörverlust und Meniere sollte man sich also in Eigeninitiative unbedingt von anderen Betroffenen holen, denn es gibt einige gute Lösungen für den Alltag und die Beziehung, die man sonst nicht kennen lernt. Erkrankte Personen sind die eigentlichen Fachleute auf dem Gebiet.
KIMM e.V. ist hier sicher eine gute Adresse.
Ach ja, ich empfehle einen Reha-Klinikaufenthalt für Menierepatienten:
http://www.kimm-ev.de/index.php?id=13 (Klinikliste auch unter KIMM online zu finden).
(Sehe gerade: Es ist dein Stiefvater, nicht Schwiegervater. Habe ich verwechselt.)
Hab meinen Mann gefragt, ob er unter meiner Ertaubung leidet.
Er sagte nur: Nö, wieso man kann doch Gebärdensprache lernen.
(Haben wir gemacht)
Wenn man so jemanden hat, ist Kommunikations kein Thema – und niemand leidet!!!
Urlaubsbedingt etwas spät wollte ich mich hier auch nochmal zu Wort melden:
Luise, wenn es so (und so einfach) läuft (und auch bleibt), dann ist das wirklich wunderbar! Freue mich von Herzen für Dich.
Blogbesucherin, im Groben kann ich mich nur Pia anschließen.
Ich denke, eigentlich sind es zwei Probleme: Das deiner Eltern miteinander (bei dem Du nicht viel tun kannst, wenn nicht von ihnen deutliche Signale kommen, dass und wie sie Hilfe annehmen würden). Ein Buch hilft da glaube ich nicht, die Problematik ist ähnlich wie bei Abhängigkeit — wenn von innen nichts kommt, kann man von außen nicht helfen. Und muss aufpassen, dass man sich nicht selbst verliert dabei oder das Problem durch die Hilfsbemühungen sogar noch zementiert.
Und Dein Problem, nämlich Deine Eltern unglücklich altern zu sehen. Dabei finde ich, ehrt Dich Dein Mitgefühl und Bemühen, dass Du immer noch nach Wegen suchst ihnen zu helfen. Aber es ist, denke ich, leider wirklich deren Leben, das muss man als Kind akzeptieren, sich abgrenzen und trotzdem bei Bedarf liebevoll für sie dasein. Und die Zeit genießen, ggf. bewußt gestalten, die Du mit ihnen hast.
Hoffe, das hilft ein bißchen — aber eigentlich stößt so eine Rederunde wie diese hier hier an ihre Grenzen. Alles Gute!
Nur eine Randbemerkung (Ist ja alles schon länger her… ;)) zu just like Beethoven:
Ich habe den Film „Jenseits der Stille“ erst vor ein paar Wochen das erste Mal gesehen und wenn ich mich jetzt recht erinnere, war in der Anfangsszene doch gar nicht die Mutter, sondern die Tante mit Lara auf dem Eis. Ich hatte das so gesehen, dass dies zeigen sollte, dass die Tante Ihr halt schon immer andere Wege aufgezeigt hat, als die Eltern es (aus Filmperspektive, ich kann mir vorstellen, dass es ein wenig überzogen ist) vermögen.
Bei mir ist es leider zu lange her, dass ich den Film gesehen habe. Werde bei Gelegenheit mal nachsehen.
Hier komme ich reichlich spaet. ICh ueberflog die Kommentare nur fluechtig, um einzelne Repliken dazu geben zu koennen. Ich kenne sehr viele Beziehungen zwischen tauben/schwerhoerigen und hoerenden partners in verschiedenen Laendern, die langdauernd und gluecklich, lau, und gescheitert sind. Natuerlich sind andere Gruende massgebend oder nur mitspielend. Es muss immer wieder der hoerende Partner sein, der sich den tauben Partner anpassen muessen, was fuer vielen verhaeltnismaessig nicht schwierig ist, wie fuer einen schwer koerpergeschaedigten und pflegebeduerftigen Partner. Ich kann dir viele Biographien erzaehlen und einige Gemeinsamkeiten aufzaehlen.
Jedoch moechte ich ueber die zwei Filme kommentieren. Im „Gottes vergessene Kinder“ ist die Beziehung schon zum Scheitern verurteilt. Wir haben das schon am Anfang des Filmes erkannt und das Scheitern vorausgesehen. Wir waren gespannt, wie der hoerende Teil sich allmaehlich aendert. Er hat die Gebaerdensprache genuegend gelernt, jedoch mit starkem Akzent. Aber er mit audistischer Mentalitaet, die er berufswegen nicht aufgeben moechte, verlangt ihre taube Geliebte ihre taube Identitaet aufzugeben. (Nebenbei: Marlee Matlin schrieb in ihrer Autobiografie ueber die Liebesbeziehung mit William Hurt nach dem Film. Es war eine abusive Beziehung, die Matlin in eine Schutzhort fluechten musste.)
Im zweiten Film „Jenseits der Stille“ handelt es sich um den tauben Vater, der eine traumatische Kindheit in seinem Vaterhaus hat und alle seine Beziehungen zu Eltern und Schester beeinflusst. Er wurde ungerecht vom Vater bestraft als er ueber das komische Grimassenschneiden der Saenger bei einer Musikveranstaltung in der Familie lachen musste, musst geduldig bei diesen Veranstaltungen still sitzen ohne erklaerende Hinweise ueber das Vorgehen zu erhalten, der talentierte Schwester wird von allen die ganze Aufmerksamkeit gewendet und er wird ganz links liegen gelassen. Das ist eine Erfahrung, die wir immer in unseren Elternhaus erleben mit hoerenden Eltern und Geschwister. Der Film endet wie der taube Vater mit diesem Ressentment zurecht kommt, nur fuer seine Tochter, nicht fuer seine Schwester, die eigentlich als Schwester in der Regel besser als die Eltern seinen tauben Bruder verstehen sollte und besser mit ihm kommunizieren konnte, aber nicht getan hat. Der taube Vater leidet weiter darunter bis in seinem Erwachsenenalter. Er moechte nur, sein Kind von seiner Famile fernhalten (als Strafe, dass er ferngehalten wurde), aber das gelingt nicht, weil sein Kind auch Talent fuer Musik hat.
In Summe, Beziehungen zwischen hoerenden und tauben Partnern kann an Dauer und Vertiefung gewinnen, wenn nur Audismus von seitens des hoerenden Partners ganz, auch im Unterbewusstsein, abgelegt wird. Das ist genau, worum es in den beiden Filmen ging. Ich weiss viel ueber den Hintergrund der Entstehung des Dramastueckes „Gottes vergessene Kinder“ von Mark Medoff gut (Insiderwissen habe ich). Und Caroline Link bekam die Anregung fuer ihren Film in den USA, als sie einen ASL Kurs belegte und die Problematik tauber Menschen in hoerenden Familien kennenlernte (ihr interessiert vornehmlich die Beziehung zwischen Vater und Tochter).
Letzendlich ist Taubheit oder Schwerhoerigkeit nicht der Beziehungskiller, sondern der Audismus, ich wage zu sagen, die vorherrschende Mentalitaet eines Hoerenden, der nie mit den Implikationen des Nichthoerenkoennens konfrontiert ist. Aus den vielen mir bekannten Biografien der gemischten Beziehungen komme ich zu diesem Schluss.
Schade, Dein WordPress Einstellungen erlaubt keine Edit/Aenderung Funktion nach dem zu schnellem Absenden. Ich habe meine Grammatikfehler erkannt nach dem Absenden und konnte sie nicht korrigieren. NqlB, kannst du nicht die Moeglichkeit des Editieren einschalten, wie es im gl-cafe Forum gemacht werden kann.
Die Einstellungen, die du hast, sind nicht taubfreundlich!
Die Einstellungen sind nicht „taubunfreundlich“, sondern generell unfreundlich. Kann da aber leider nichts dran ändern, das gibt wordpress.com nicht her.
Zu den Beziehungen, vielen Dank für den Kommentar, ich lese immer wieder sehr gerne was Du zu sagen hast. Viele interessante Details, viel wissen. Dankeschön.
Ich denke aber genausowenig wie man sagen kann, dass es Schuld des Tauben oder Schwerhörigen ist, kann man sagen, dass der Audismus schuld sei. Im Einzellfall sicher. Aber wenn man es tatsächlich so generell sagen wollte, würde ich sagen: Letztlich scheitern immer zwei an den Umständen (die auch ihre eigenen inneren Umstände beinhalten). Weiß nicht, ob Du da vielleicht sogar zustimmen würdest.
Audismus ist ein soziologisches Erklaerungsmodell, wie Rassismus, Sexismus und andere diskriminierende Ismen auch sind, das alle nachteil-machende Vorkommnisse in den Beziehungen zwischen tauben/ schwerhoerigen und hoerenden Menschen zusammenfasst.
Ich stimme zu, dass der Audismus nicht 100%ig und an alle (Ehe)Scheidungen schuld sei. Der den Ruecken des Kamels brechende Stohhalm kann anderswo liegen. Oft toleriert der taube Partner die audistischen Vorfaelle in den Beziehungen, wie seit Jahrhunderten immer hingenommen und nur in unseren Kreisen beklagt.werden.
Ob Audismus die volle oder teilweise Schuld traegt, haengt natuerlich ab von Fall zu Fall. Man nimmt ein Fall vor und analysiert die Umstaende, den Hintergrund, die Geschichte und auch Kultur, die den Fall begleiten. Wenn nach der Analyse anhand einer wohlueberlegten und sorgfaeltig formulierten Definition entschieden wird, ob der Fall audistisch sei, sucht man danach nach einer passenden Abhilfe, den Audismus zu reduzieren. Audismus braucht nicht immer boshaft zu sein. Manches kann aus einer kulturell bestimmten Mentalitaet kommen, die man oefters unbewusst traegt. In diesem Fall wird von den Betroffenen einfch darauf hingewiesen ohne Vorwurf zwecks der Sensibilisierung. Manches kann nur audistisch sein, ohne in eine Diskriminierung zu landen.
Ich habe eine formelle Definition im gl-cafe Forum eingebracht.
http://www.gl-cafe.de/viewtopic.php?p=917007#p917007
Du kannst meine Beitraege zu diesem Thema in diesem und anderen Threads, sowie auch im Taubenschlag-Forum, weiterfolgen, um zu einer groesseren Verstaendnis des Themas zu kommen.
Wirklich aergerlich, dass WordPress.com keine Edit-Funktion im Program eingebaut hat.
@Hartmut: „Letzendlich ist Taubheit oder Schwerhoerigkeit nicht der Beziehungskiller, sondern der Audismus“. Nur mal so am Rande: Wie erfahren die Eltern, dass ihr Kind taub ist? In allermeisten Fällen so: Sie merken, dass das Kind nicht auf Geräusche reagiert und auch NICHT SPRICHT, also stumm ist. Dann erst gehen sie zum Arzt. Also ist das für sie nicht neu… Damit ein Kind seine Sprache entwickeln kann, benötigt es solche lautsprachliche und gebärdensprachliche (also bilingual) Fähigkeiten. In erster Linie ist aber eine gute Eltern-Kind kommunikative Beziehung wichtig. Oder ist das für dich zu „audistisch“?
Um welche Beziehung wird in dem Eingangsblog behandelt? Nicht zwischen Eltern und Kind! Lies den Eingangsblog!
Das ist mir bewusst. Ich schrieb extra „Nur mal so am Rande“ und habe dich deshalb nebenbei gefragt.
Gut, dass ich das alles so lesen durfte. Jetzt wird mir so einiges klar. Von den Problemen in der Beziehung über Freunde und Bekannte, die immer weniger werden bis hin zu der Tatsache, dass Schwerhörige sich gerne zurückziehen, weil sie sich unsicher fühlen, ob man den Partner auch wirklich richtig verstanden hat.
Ich frage mich allerdings ob es sein kann, dass eine Mutter es nicht merkt, dass ihr Kind schwerhörig oder gar taub ist. Kann es sein, dass eine Mutter es 45 Jahre lang nicht merkt – oder wollte sie es nicht merken, weil es ihr zu anstrengen war? (das ist mir passiert – ich war das Kind)
Als ich es erfuhr (vor c.a. 4 – 5 Jahren), war es quasi schon zu spät für mich. Zu viele Jahre habe ich versucht, allem aund allen gerecht zu werden, was ich natürlich nie schaffte (und am Ende als blöd und dumm angesehen wurde). Heute weiß ich, dass ich eine ganz andere Förderung gebraucht hätte und eigentlich was ganz falsches gelebt habe – auch in der Beziehung.
Heute muss ich mit der „wenigen Zeit“ die ich noch habe vollgas versuchen, herauszufinden, wer und was ich bin und was mich ausmacht. Schon blöd sowas.
Sehe dies urlaubsbedingt erst jetzt. Sehr blöd ja. Aber ich wünsche für die Zukunft ein glückliches Händchen und die richtige Richtung beim Vollgasgeben.
Hallo, bin gerade zufällig auf diesen Blog gestossen und habe ihn interessiert überflogen.
Meine Frau und ich sind seit jetzt 24 Jahren zusammen, sie hochgradig schwerhörig (schon seit Beginn unserer Beziehung), ich hörend.
Wenn man sich liebt, voneinander und miteinander lernt, kriegt man vieles hin, und es ist für beide auch eine Bereicherung.
Natürlich ist Kommunikation, gerade in emotional aufgebrachtem Zustand, schwierig. Meine Frau kann frei von der Leber weg spontan Ihren Gefühlen Ausdruck geben, da sie sich lautsprachlich problemlos artikulieren kann. Ich dagegen muss mich immer erst beruhigen, langsam und deutlich sprechen bzw. mit Hilfe der Gebärdensprache, die ich nicht gut beherrsche, behelfen.
Daher können wir uns bei Streitigkeiten nicht wie andere Paare so richtig schön mit steigender Begeisterung fetzen, sondern müssen immer wieder Zwangspausen einlegen, die zwar nerven aber auch deeskalierend wirken.
Aber ist das ein Nachteil?
Unsere Beziehung ist schon „anders“, auch ohne Zweifel etwas „unbequem“ für Beide, dafür aber nie langweilig, sehr horizonterweiternd und alles in allem einfach toll!
Also an andere gemischte Paare. Nur Mut, wenn Ihr es wirklich wollt, kann es auch klappen!!
Genau die richtige Einstellung!