Gehörlos im Internet

Dieses Interviewportrait mit Jule (a.k.a. @einaugenschmaus) ist wirklich sehr schön geworden!

„Gut, es kommt alles mit Untertitel und Gebärdensprache im Fernsehen, aber das bedeutet noch lange nicht, dass Du jeden Scheiß angucken musst im Fernsehen!“–>pdf<–

18 Antworten zu “Gehörlos im Internet

  1. Das gilt im Übrigen auch für Veranstaltungen, bei denen Gebärdensprach-Dolmetscher vorhanden sind. Muss man als Gehörloser kommen, weil Gebärdensprach-Dolmetscher da sind?

  2. Regenbogen

    Nö, außer sterben muß man gar nichts.
    Wäre dann allerdings nachvollziehbar, daß Gebärdensprachdolmis von jeweiligen Veranstaltern nur nach Bedarf gebucht werden. Wenn die merken, es ist keine Nachfrage da, warum sollten sie dann das Geld ausgeben für Nüsse. Dann darf man nur nicht meckern – sonst ist alles in Ordnung.

  3. Wenn Du Veranstalter bist, musst Du mindestens 3-4 Wochen vorher Gebärdensprach-Dolmetscher buchen, sonst bekommst gar keine.

    Und wenn Du einen gebucht hast, dann kannst Du ihn quasi nicht mehr abbestellen, ohne dass es dich nichts kostet. In Hamburg sind die Tarife in etwa so:
    – 50% vom gebuchten Betrag bei Absage 14 Tage
    – 100% vom gebuchten Betrag bei Absage 7 Tage.

    Mit kurzfristiger Absage ist es also nicht getan. Und das ist der springende Punkt. Kein Veranstalter bucht, ohne sich rückzusichern, ob auch nicht wirklich wenigstens ein Gehörloser kommt.

    Das bedeutet für mich als Gehörloser, ich muss mich lange vor quasi „verpflichten“, auch wirklich zu kommen. Mit einfach mal spontan vorbei kommen ist nichts. Also schon müssen …

  4. Regenbogen

    Das meine ich nicht.
    Ich geh jetzt mal davon aus, daß Du von Veranstaltungen sprichst, die nicht nur einmal im Leben sind, sondern z.B. jedes Jahr einmal.
    Da kann der Veranstalter im kommenden Jahr, finde ich, schon auf die Erfahrungswerte des Vorjahres zurückgreifen und sagen: Offenbar besteht keine Nachfrage.

  5. @Regenbogen: Wir reden aneinander vorbei.

    Jule meinte in ihrem Interview, sie möchte einfach nur den TV anknipsen können, dann zappen und evtl. wieder ausschalten können, weil nichts Gescheites läuft. Und auch entscheiden können, ob das was gerade im TV läuft, für die Kinder ok ist. Und nicht das EINE Programm gucken müssen, was gerade UT und/oder Gebärdensprache einblendet.

    Oder wie ich, der tausende von Kinder-DVDs ausleiht und darauf achtet, dass auch ja UT dabei sind und so das übliche TV-Programm vermeidet. Ich habe keinen blassen Schimmer, was im KiKa tatsächlich geredet wird, wenn bspw. „Jim Knopf“ läuft. Meine Kinder sind oft sehr unruhig und fragen mich die dollsten Sachen. Ich kann darauf nicht antworten und reagieren.

    Es geht um die Wahlmöglichkeit. Das, was für einen Hörenden selbstverständlich ist, sollte auch für uns Gehörlose so sein. Und übertragen auf Veranstaltungen wäre das auch so. Ich möchte gerne spontan entscheiden, ob ich da oder da hin gehe ohne überlegen zu müssen, ob ich da überhaupt etwas verstehe. Diese Wahlmöglichkeit habe ich als Gehörloser einfach nicht.

  6. Regenbogen

    DAS kann ich nachvollziehen, auch, daß das frustrierend ist, klar.
    Dann hab ich Deinen ersten Kommentar wohl falsch verstanden bzw. nicht verstanden, worauf Du jetzt rauswolltest.

  7. Die Wahl zu haben, sich benehmen zu können wie man will, ohne dass es Folgen hat, ist ein Privileg. Das machen sich einfach viele nicht klar. In diesem Fall eben, Angebote nicht wahrzunehmen oder gar sprunghaft zu sein.

    Die Barrierefreiheit von Angeboten darf nicht davon abhängen ob sie auch genutzt werden.

  8. Regenbogen

    @Nqlb:
    Dann wäre die Konsequenz Deiner Meinung nach aber auch, alles, wirklich alles mit Gebärdensprachdolmis zu machen, richtig?
    Also jedes Theaterstück, alle, was weiß ich, Sommerfeste – evtl. auch Kommentare im Fußballstadion (denn da gibt´s ja auch einen Stadionsprecher)?

  9. CharlyBrown

    Videotextuntertitel in allen Fernsehsendungen sind technisch machbar und
    die Kosten dürften kein Problem sein.
    Es ist höchste Zeit, das in Deutschland endlich gemacht wird, was
    In anderen Ländern schon Standard ist.
    Gebärdensprachdolmi einblenden ist nur bei wenigen Sendungen sinnvoll.
    Es geht nicht bei Sendungen wo ein Sprecher aus dem Off kommentiert
    und der ganze Bildschirm sichtbar sein muss.
    Öffentlichen Veranstaltungen durch Gebärdensprachdolmi
    „Barrierefrei“ machen, funktioniert nur bei Veranstaltungen, wo ein
    Redner etwas vorträgt.
    Es funktioniert nicht bei Veranstaltungen wo viel zu sehen und
    zu hören ist. Zum Beispiel halte ich es für unsinnig, bei einer
    Theateraufführung rechts und links auf der Bühne Dolmis die
    Handlung in DGS erklären lassen.
    Die Gehörlosen können nicht mit einem Auge die Dolmi gucken
    und mit dem anderen Auge die Handlung verfolgen.
    Die grundsätzliche „Barriere“ für Gehörlose ist:
    Hörende können gleichzeitig optische und akustische Information
    aufnehmen.
    Ich halte es für eine Illusion, bzw Wunschdenken, das mit Dolmis
    alles Barrierefrei gemacht werden kann.
    Abgesehen davon, gibt es gar nicht genug Dolmis um jede Veranstaltung
    in einer grossen Stadt „Barrierefrei“ zu machen.

  10. Nein, Regenbogen, wie kommst Du darauf, ich habe nichts davon geschrieben? Warum sollte sowas Unrealistisches die Konsequenz sein? Bin ganz bei CharlyBrown. Wobei ich denke, dass kluge Nutzung von Telediensten, insbes. Sprache-in-Text-umwandel-Dienste viel Potential bergen.
    Barrierefreiheit sollte nicht als zusätzliches, wirtschaftlicher Logik folgendes Angebot gebaut sein, sondern Dinge, Verfahren und Veranstaltungen sollten direkt so designt und geplant werden, dass sie in den gängigsten Hinsichten möglichst niedrigschwellig sind. Und sie sollten sich nicht über die (mal größer, mal weniger groß ausfallende) Nachfrage finanzieren! Der Unterschied ist: Mir ging es nicht darum, wie viel barrierefrei ist, sondern wie barrierefrei geht.

  11. Regenbogen

    Gut, dann sind wir einer Meinung, Not quite. 😉
    (Sorry für meine Nachfrage, aber ich hab durchaus schon Leute gesehen, die Unrealistisches gefordert haben. Zum Beispiel, daß es in jedem -jedem!- Amt eine taube oder zumindest gebärdensprachkundige Person als MitarbeiterIn geben müsse. Eine Umsetzung würde dann bedeuten, pro Amt zwei solcher Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter, denn es kann ja mal einer krank oder in Urlaub sein, und das in jedem Amt – und dann für die paar Gehörlosen, die alle Jubeljahre mal aufkreuzen…..Anders sähe es natürlich bei häufig von Gl frequentierten Bereichen aus.)

  12. Schönes Interview, danke für den Hinweis!

    In Österreich geht es langsam einen Schritt voran. Nachdem man seit letztem Jahr mit Barbara Sima zumindest eine Rollstuhlfahrerin für eine Charity-Sendung
    http://www.oe24.at/leute/oesterreich/Der-neue-ORF-Star-aus-dem-Rollstuhl/10688982 hat, dürfen jetzt auch zwei gehörlose Moderatorinnen ran:

    http://www.bizeps.or.at/news.php?nr=12459

  13. Selber danke für den Hinweis! Über die beiden Kindersendungs-Moderatorinnen hatte ich schon gelesen, ich finde das klingt sehr spannend und könnte gut funktionieren! Bei Barbara Sima finde ich krass (aber typisch) dass sie erwähnt, dass sie erlebt hat wie die Behinderten(verbände) sich gleich wieder unter sich in die Wolle kriegen („Luxusbehinderte“, nicht „behindert genug“). Grauslich.

  14. Regenbogen

    Thomas Brezina?
    Kann das sein, daß ich den als Jugendroman-Autoren kenne – „Wilde Wahnsinnsengel“, „Amy Angel“ und so….?

  15. Rainbow hat meinen und Lukbo’s Standpunkte im GL-Cafe-Forum ueber die behoerdliche Barrierefreiheit leider entstellt wiedergegeben. Wir haben gar nicht verlangt, dass in jedem oertlichen Amt ein gebaerdenkundiger Beamter taetigen soll. Ich habe dort verschiedene Moeglichkeiten aufgezeigt, wie es barrierefrei in den Behoerden gemacht werden kann. Sie als Beamtin denkt leider nur in einem bestimmten Schema. Sie wollte nicht verstehen, wie flexibel eine Behoerde ihr Dienstangebot fuer taube Menschen gestalten kann.

  16. Könntest Du (oder Regenbogen) das hier kurz verlinken? Wäre klasse, danke!

  17. @Not quite:
    Ich bin nicht mehr im gl-cafe, daher kann ich da auch nichts verlinken.
    Zudem ist diese Sache schon Jahre alt, ich weiß also auch nicht mehr, in welchem Thread das überhaupt war (ich denk mal, so zwei, drei Jahre bin ich da bestimmt schon abgemeldet).

    Und mit Hartmut, der wie üblich nicht in der Lage ist, über seinen tauben Tellerrand rauszuschauen, debattiere ich nicht. Was er damals gesagt hat (es sei denn, er hat zu einem späteren Zeitpunkt irgendwas an anderer Stelle anders formuliert), war ziemlich eindeutig und mit Lukbo verbinde ich diese Forderungen überhaupt nicht.

    Wer mich überhaupt nicht kennt, aber trotzdem meint, er könnte mich als „sture Beamtin“ diskreditieren, ist für mich kein Gesprächspartner.
    Als ob Hartmut meine Denkschemata kennen würde oder wüßte, was ich verstehe oder verstehen will….. 😉

  18. ….Wenn er meine Denkschemata auch nur annähernd kennen würde, hätte er nicht neulich noch dort versucht, mich mit deaf synergy in Verbindung zu bringen, und doch tatsächlich die Frage aufgeworfen, wie viele arme, hilflose Gehörlose ich dafür wohl schon in die Falle gelockt hätte…..

    (Ein Königreich für eine Edit-Funktion.- Ist keine Kritik, Du kannst ja nix dafür.)

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