Archiv der Kategorie: Leben & Arbeiten

Warum man Chefs wie Schwerhörige behandeln sollte

Auszug aus einer E-Mail, die ich gerade erhielt:

Lieber Herr Not quite,

ich muss es Dir ganz schnell erzählen: Dein Blog hat mein Leben verändert!

Ich hatte doch erwähnt, dass ich Probleme mit meiner Oberchefin habe, weil jedes Gespräch mit ihr ein Desaster ist. Der Hinweis, dass Schwerhörigkeit mit Demenz leicht verwechselbar ist, hat mich dann auf Idee gebracht, dass das unser Problem sein könnte (und sie doch nicht dement ist).

Ich hatte heute ein längeres Meeting mit ihr, meinem Abteilungsleiter und zwei externen Dienstleistern und habe alles befolgt, was ich in Deinem Blog gelernt habe. Also habe ich die wichtigsten Punkte vorher schriftlich fixiert und an alle verteilt, eine bestimmte Sitzordnung festgelegt, bei der wir nah zusammensaßen und sie alle im Blick hatte, ich habe Sätze zusammenfassend wiederholt, wenn ich das Gefühl hatte, sie geht einfach so darüber hinweg.

Und siehe da: Ich habe in den vier Jahren mit dieser Frau noch nie ein so gelungenes Meeting erlebt! Dialoge hatten auf einmal Stringenz. Es war wie Magie!

Vielleicht habe ich nur einen glücklichen Tag erwischt. Vielleicht gelingen Meetings einfach besser, wenn man die Kommunikation stärker reguliert.
Vielleicht ist sie aber wirklich schwerhörig.

Ich werde das weiter beobachten. Einstweilen aber erfreue ich mich an dem Gedanken, eine bahnbrechende Entdeckung gemacht zu haben.

Viele Grüße

M., euphorisch und dankbar

Klar, Meetings gelingen einfach besser, wenn man sie vorbereitet und die Kommunikation reguliert. Aber: Hach, was für ein schönes Gefühl, solche E-Mails zu bekommen! Und mal ganz im Ernst, die Dunkelziffer unerkannter Schwerhöriger ist enorm hoch. Allein unter meinen Kollegen habe ich mindestens sieben ausgemacht, die noch „im Schrank“ leben, sich nicht geoutet haben und keine Hörgeräte tragen.

Und wie ist das bei Euch?

Nebenbei gesagt, die E-Mail oben ist ganz und gar nicht wie diese hier

Sehr, sehr gut: „Ich würde gern alles mitbekommen.“

Julia Probst im stern-Videointerview darüber, wie es ist, in Deutschland schwerhörig oder gehörlos zu sein.

„Ich würde gern alles mitbekommen.“ stern.de spricht mit der gehörlosen Bloggerin Julia Probst über Rundfunkgebühren, Barrierefreiheit im Netz und das Engagement der Politik. 

Nur — wieso lag das so lang in der Schublade? Ist von September 2011….


Viel besser wäre doch: Schwerhörigkeit vermeiden

Wäre es nicht viel besser, das Kind gar nicht erst in den Brunnen fallen zu lassen, anstatt über Leute zu berichten, die mit einem oder zwei Kindern im Brunnen leben? Oder die Werkzeuge für das kinderlose Leben entwickeln? So zumindest verstehe ich einen Kommentar zum Interview mit Günther Beckstein über seine Ertaubung und sein Cochlea Implantat. Ich finde den so wichtig, dass ich darüber gern eine extra Diskussion anzetteln würde:

Es wäre schön, wenn es auch in ähnlichem Umfang eine Berichterstattung über den Hörsturz von Prominenten geben würde und diese Krankheitsform damit viel deutlicher in das Bewußtsein der Menschen kommt. Hier und in ähnlichen Artikeln wird hauptsächlich über die Behebung des Schadens berichtet, der Ansatz an der Vermeidung der Schwerhörigkeit durch Hörsturz ist meist keine Zeile wert.
[…] Der Hörsturz und seine Vorgeschichte (erste Warnhinweise usw.) sind nur wenigen in der Gesellschaft – meist Angehörige von Betroffenen – bekannt. Viele der aufgetretenen Hörstürze wären bei einer gezielten Info-Kampagne vermeidbar. […] Herr Beckstein sollte seine Popularität nicht nur dazu nutzen Schwerhörigen Mut zu machen, sondern ebenso deutlich in der Öffentlichkeit die Fehlentwicklung in seinem Leben aufzeigen, die zu dieser Situation geführt hat und dieses “Fehlverhalten” in Frage stellen. […]

Ich finde das auch. Also, dass Krankheitsbild, Risikofaktoren und deren Vermeidungsmöglichkeiten bekannt gemacht werden sollten. Aber ich denke, in diesem speziellen Fall wirken viele Dinge zusammen, die es kompliziert machen:

Mein Eindruck ist, dass über die Bedeutung von Hörhygiene und die Gefahr von Lärmschädigung durchaus berichtet wird. Nur interessiert das in allgemeiner bzw. wissenschaftlicher Form anscheinend kaum jemand. Kann man ja auch verstehen, denn Krach ist in unserer Gesellschaft auch ohne Kopfhörerbeschallung leider allgegenwärtig.

Persönliche Stories aber sind schwer machbar, weil außer bei Knalltraumata oder Leuten, die in lauten Umgebungen arbeiten (beruflicher Gehörschutz!), selten klar ist, woran es denn nun ursächlich liegt, dass jemand Hörprobleme hat. Obendrein kann ich schon verstehen, dass nicht jede ihre gesundheitlichen Probleme öffentlich ausbreiten will, zumal wenn sie in exponierten Positionen oder an der Spitze von Organisationen steht. (Obwohl, hier könnte es einen Trend geben, siehe Jaff Jarvis, Miriam Meckel etc.)

Wenn es nicht direkt um Lärm geht, wird es noch schwerer: Was genau Hörstürze sind, wie sie entstehen und therapierbar sind, ist — soweit ich weiß — immer noch eher unklar. Infusionen zumindest werden meines Wissens nach nur in Deutschland auf breiter Front als Therapie gemacht und Ruhe/ein paar Tage krankschreiben scheint fast die gleiche Erfolgsrate zu haben. (Falls es neue Infos gibt, bitte ich um Korrektur in den Kommentaren.)

Das Rezept „Schone Dich und Du wirst keine Hörprobleme bekommen!“ stimmt ja nun auch nicht so ganz. Manchmal kommen die einfach, so wie ja auch Nichtraucher Lungenkrebs bekommen. Man hat nicht immer etwas falsch gemacht, wenn man krank wird oder bleibt. (Ich will das nicht verharmlosen, weder das Rauchen noch Lärm und stressige Lebensweisen. Ich überlege nur, wie genau denn die bessere Berichterstattung konkret aussehen könnte.)

Natürlich kann man auch über die Bedeutung von Entspannung und ein gesundes Verhätlnis zum eigenen Körper berichten, aber auch das wird doch mit dem Wellness-Trend schon gemacht. Nur, dass das dann eben nicht mehr spezifisch mit Hörproblemen oder der Vermeidung von Hörstürzen zu tun hat.

Und wie seht Ihr das?

Kubismus für die Ohren

„Ist das Kunst oder kann das weg?“ Ich mag diesen Spruch — und wegen mir kann das wirklich weg: Die Telefonkonferenz.

Heute hatte ich ein besonders schönes Exemplar vor mir. Als Kunstwerk, bei dem es nicht darum geht, zu verstehen, sondern nur irgendwelchen körperlosen Stimmen von dröhnend laut bis kaum wahrnehmbar, rhythmischen Rückkopplungen und abgefahrenen Halleffekten zu lauschen und sie in ihrer zeitlichen Abfolge auf sich wirken zu lassen, ginge es ja noch. Krass und unwirklich, diese Klänge! Klassische Moderne! Kubismus für die Ohren!

Aber als Gespräch, bei dem sich Menschen einander mitteilen wollen und das auch noch effizient? Bitte nicht.  Ist mir echt ein Rätsel wie Flotthörende das ohne zu mucken machen können. Bin zur Abwechslung mal froh, sagen zu können: „Leute, Ihr müsst Euch was anderes ausdenken. Das kann ich nicht, das funktioniert mit mir nicht.“ Ich finde, das kann weg.

Ein beeindruckendes Stück: Martin Zierold bei der politischen Arbeit

Schon etwas älter aber wirklich sehr gut: Marijke Engels Text darüber, wie sich Martin Zierold in seine Rolle als erster tauber Bezirkspolitiker Deutschlands  hineinfindet. Auf den wollte ich Euch nochmal hinweisen. Sehr gut geschrieben. Und viel Wahres darüber wo die alltäglichen Probleme für Menschen mit ohne Hören liegen, wenn sie mit Hörenden zusammenarbeiten.

Es ist ein kurzer, kehliger Ruf, lauter als das Stimmengewirr. Alle drehen ihre Köpfe in seine Richtung. Er gebärdet: „Halt! Lasst euch ausreden, das Durcheinander kann man nicht übersetzen!“ Das wirkt sofort. Augenblicklich kehrt die Gesprächsdisziplin zurück.

Man muss selbstbewußt sein für sowas, und einfordern was man braucht.

[Er springt] auf und reißt seinen Tisch um neunzig Grad herum, sodass er jetzt zumindest die übrigen Abgeordneten im Blick hat. „Diese Sitzordnung ist extrem schlecht. Ich kann die anderen nicht sehen, und ich sitze da als absoluter Außenseiter, wie so der kleine Doofe, der auch mitspielen darf“, erklärt er mit schnellen Gebärden den fragend schauenden Fraktionsmitgliedern. Für die nächste Sitzung möchte er auf jeden Fall neben ihnen sitzen, am besten im Hufeisen, damit er das ganze Parlament im Blick haben kann und einfach mehr mitbekommt.

Ich finde es toll, was er leistet! Zwar sind die Schwierigkeiten für komplett taube Menschen etwas anders gelagert als die für Schwerhörige, dennoch habe ich vieles sehr ähnlich erlebt.

Meine eigenen Erfahrungen mit diesem Thema habe ich neulich in Form von Tipps versucht zusammenzufassen: Taub im Job, trotzdem erfolgreich.

Auf dem Weg zum perfekten Werkstatt-Termin: Wie sollte die Anpassung eines elektrischen Ohres ablaufen?

Wer sich für ein elektrisches Ohr entscheidet, entscheidet sich für die Abhängigkeit von Experten und ihren Systemen. Das ist in etwas so, als schnalle man sich ein Auto an die Beine und kriege es nicht mehr ab. Das Ohr muss im ersten Jahr oft nachjustiert werden und später etwa einmal im Jahr zur Inspektion. Ich finde, es ist eine gute Idee, an der Gestaltung dieser Systeme mitzuwirken.

Der Hör-Treff, eine Selbsthilfegruppe besonders für Eltern hörgeschädigter Kinder, hat eine Website aufgesetzt, mit einer „Wunschliste“ bzw. Umfrage, wie die Anpass- und Inspektionstermine am besten gestaltet werden sollen. Damit sie möglichst effektiv und angenehm sind. Bisher nämlich hapert es an allen Ecken und Enden — es gibt genügend schlecht eingestellte elektrische Ohren, nicht so netten Umgang mit den Cochlea-Implantat-Trägern, Ingenieure, die mehr mit ihrem Computer als mit den CI-Trägern reden und entsprechend viele genervte CI-Träger.

Bisher am häufigsten bemängelt wurde, so sagten mir die Initiatoren, dass einem bei Inspektion und Nachjustierung nicht automatisch eine Dokumentation der aktuellen Einstellungen und Änderungen mitgegeben wird. Wie beim Arzt also, der einem auch seltenst Einblick in seine Akten und Notizen über einen gewährt.  Dabei sollte das selbstverständlich sein. Es gibt gute Gründe dafür, CI-Träger als Nutzer oder Kunden zu behandeln und nicht als Patienten (–>Menschenbilder — Was macht die Technik aus den Schwerhörigen?)

Das Formular kann man hier erreichen. Im übrigens sehr empfehlenswerten Forum der Gruppe gibt es einen Info-Artikel.

Die Königsfrage (und der Versuch einer Antwort)

Wenn Du eine Sache ändern könntest, um das Leben von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, was wäre das?

Das fragte Christiane letzte Nacht in ihrem Blog. Und weil mich die Frage beschäftigt, würde ich das gern auch Euch fragen! Was meint Ihr?

Meine Antwort war übrigens folgende: Mich nerven die Automatismen, diese meist unbewußten, pauschalen und die ganze Person betreffenden Abwertungen (Behinderte sind krank, nicht leistungsfähig, uncool oder häßlich anzusehen etc.). In Wirklichkeit ist doch jeder Mensch ein bißchen anders — ganz egal ob behindert oder nicht, jeder hat andere Stärken und Schwächen, kann, will oder braucht anderes. Und das ändert sich auch noch einmal je nach Lebenssituation.

Darum würde ich vielleicht die pauschalen und die ganze Person betreffenden Aufwertungen abschaffen, also z.B. den “Schwerbehindertenausweis”. Denn der verbindet Stigmatisierung (man ist „ein Behinderter“) mit vergleichsweise ungezielten und im Einzelfall sogar mal ungerechtfertigten Begünstigungen. Ich würde ihn durch ein flexibles und niedrigschwelliges System von beantragbaren Nachteilsausgleichen bzw. deren Finanzierung ersetzen.

Ich denke, es macht durchaus einen Unterschied ob die Logik ist “X ist schwerbehindert, das heißt er braucht und kriegt a, b und c” oder “X erklärt, dass er dieses braucht um jenes machen zu können. Darum kriegt er es”.

Wobei ich durchaus sehe, dass ein „Ausweis“ und pauschale Regelungen auch Vorteile haben. Man muss sich nicht jedesmal die Mühe machen um Hilfen zu bitten. Und man kann besser Gleichstellungsmaßnahmen einführen, also z.B. sagen, dass „Schwerbehinderte grundsätzlich“ zum Vorstellungsgespräch einzuladen sind, wenn sie nicht aufgrund ihrer Unterlagen offensichtlich für den Job ungeeignet sind.

Wie seht Ihr das?

Jetzt neu: Durch Smartphones besser Reden mit Schwerhörigen!

Ein entschiedenes „Das ist doch klar!“ hat schon manche gute Idee verhindert. Darum hier eine kurze Durchsage:

Du hast unverhofft festgestellt, dass Dein Gegenüber schwerhörig ist? Du bist schwerhörig und musst unerwartet einem flotthörigen Gesprächspartner verklickern, was das heißt? Kein Problem! Die erfolgreiche Reihe Besser Reden mit Schwerhörigen — 11 Regeln, von denen auch Andere profitieren gibt es auch als mobile Version.

Speichere noch heute  diesen Link  als Verknüpfung auf dem Home-Bildschirm Deines Smartphones oder als Lesezeichen/Favorit in Deinem mobilen Browser — und schon hast Du die Tipps immer griffbereit in Deiner Tasche! Du kannst den Link auch jederzeit an Freunde und Bekannte schicken, die ihn brauchen könnten.

[Warum das Ganze? Darum]

Eine Art Fegefeuer — Schwerhörigkeit und die Fremdsprache VI

Sich mit Krümeln zufriedengeben und aus ihnen das Beste machen. Das kann als Definition von Schwerhörigkeit unter Flotthörenden durchgehen. Schwerhörig  ist, wenn Du dich auch im Kreis der engsten Freunde fühlst wie in einem Ausland, dessen Sprache Du kaum beherrscht. Im Unterschied dazu jedoch wird dies bei Schwerhörigkeit auch mit der Zeit nicht besser. Doch was ist, wenn Schwerhörige tatsächlich ins Ausland gehen? Dann, würde ich sagen, gehen sie durch eine Art Fegefeuer. Warum das so ist und wie man da am besten durchkommt — unten nach dem Klick!

Der Grund für diesen Eintrag ist: Ich hörte kürzlich erstaunt, dass ich einer von ganz wenigen sei, dass es nur ganz wenige Hörgeschädigte gebe, die an einer Universität in den USA waren, ohne dabei ASL, die amerikanische Gebärdensprache, zu verwenden. Schwerhörigkeit scheint für die allermeisten ein unüberwindliches Hindernis. Sie kommen entweder gar nicht auf die Idee eines Auslandsaufenthalts oder schlagen sie sich schnell wieder aus dem Kopf. Darum will ich hier knapp zusammenfassen und aktualisieren, was ich bereits zum Thema schrieb. Und Antwort auf ein paar Fragen geben, die mich immer wieder erreichen. Das Folgende ist meine privatpersönliche Erfahrung mit starker Schwerhörigkeit, Ihr könnt gern ergänzen… Weiterlesen

Man muss das nicht erst von Google lernen

Zwei Computerbildschirme werden an die Wand projiziert. Auf einem Schirm läuft die Präsentation, auf der anderen Seite wird der Sitzungsverlauf direkt mitprotokolliert.

Wenn Ihr mich fragt: Genau so sollen Meetings gemacht werden. Nicht nur gibt es eine Art Live-Untertitel, die mir beim Verstehen hilft — da haben alle was von. Es gibt ein anständiges Protokoll und ob Ihr’s glaubt oder nicht: Die Sitzung läuft zielgerichteter ab. Probiert es mal aus, müssen ja nicht gleich zwei Beamer sein, zwei Fenster reichen.

In dem FAZ-Portrait der Google-Entwicklungschefin Marissa Mayer allerdings, aus dem das Zitat stammt, wird es als Beispiel ihrer „legendären Sitzungsdisziplin“ angeführt. Dabei sollte es eigentlich die unspektakuläre Norm sein. Wenn Ihr mich fragt.

So müssen sich Schwerhörige nicht so anstrengen, die Qualität der Meetings zu gewährleisten

Menschenbilder: Was macht die Technik aus den Schwerhörigen?

Ich finde es gar nicht prickelnd, wenn man mich krank nennt, obwohl ich es nicht bin. Genau das passiert mir aber als Schwerhöriger mit Technik, soll heißen: im Umgang mit Ärzten, Akustikern und Audiologen. Die nennen mich „Patient“, auch wenn ich nicht aus den Ohren blute. Ärzte  und Arzthelferinnen — gut, die können gewissermaßen nichts dafür. Aber bei allen anderen finde ich es einfach unpassend. Was andere z.B. meine „Krankengeschichte“ nennen, ist meine Hörbiographie.

Da sich hier in den Kommentaren gerade Streit darüber entspann, was das für die Menschen bedeutet, und eine Akustikermeisterin danach gefragt hat, würde ich gerne wissen: Wie seht Ihr das?
Wie sollten die im Zusammenhang mit Hörgeräten und CIs mit Schwerhörigen und Gehörlosen umgehenden Professionellen diese nennen?

Im Wort Patient steckt drin, dass man leidet — weil man krank ist oder einen Unfall hatte. Man kann aber auch, so wie unsere Gesellschaft gerade funktioniert, einfach alle Nutzer medizinischer Leistungen Patienten nennen.

Wegen der psychosozialen Komponente würden manche vielleicht auch das Wort Klient bevorzugen. Darin steckt der Schutzbefohlene, so wie ein Anwalt sich mir rechtlich annehmen und für mich streiten kann, weil ich es selber nicht (oder nicht so gut) kann.

Nutzer oder Benutzer — wikipedia sagt mir dazu, das sei  eine Person, die ein Hilfsmittel zur Erzielung eines Vorteils verwendet.

Und ein Kunde schließlich, ist eigentlich jemand, der etwas kaufen möchte oder gekauft hat, und im Rahmen dessen behandelt wird.

Wenn ich eine Umfrage erstellen will, kriege ich aus irgendwelchen Gründen nur Fehlermeldungen. Daher freue ich mich über Eure Meinung in den Kommentaren! Was sind die Leute, die sich für Hörgeräte oder CIs entschieden haben?

„Gibt’s da auch was ohne Telefon?“ — Zur Berufswahl und Studienwahl für Hörbehinderte

Kürzlich erreichte mich die Frage, was man denn als Schulabgängerin machen sollte, wenn man trotz Hörgerät nicht telefonieren kann und nicht weiß, was man dann lernen oder studieren soll. Denn leider kommt man ja in vielen Jobs um das Telefon nicht herum.
Ich glaube, es gibt auf diese Frage leider keine leichte Antwort. Und eine Liste von Ausbildungen/Studiengängen wäre keine gute. Ich will dazu kurz ein paar Gedanken niederschreiben — und vielleicht fällt Euch auch noch was Hilfreiches ein?

Es sieht erst einmal so aus als habe man es mit Hörproblemen doppelt schwer: Als ob es noch nicht schwer genug wäre zu wissen, welches die richtige Ausbildung oder das richtige Studienfach ist — nun dazu noch das elendige Problem mit dem Telefon. Ich glaube aber, das sieht nur so aus. Es sind ganz genau die gleichen drei Probleme, die alle Schulabgänger haben. Denn wenn es um den Beruf geht, sollte man zunächst über Fähigkeiten nachdenken, nicht über Schwächen. Wie ich das meine, habe ich neulich drüben bei der Caritas erläutert.

Die Fragen sind also: Was liegt mir bzw. kann ich? Was macht mir dauerhaft Spaß? Und was gibt es eigentlich für Jobs (bzw. Arbeitgeber, die für das bezahlen was ich kann und mir am besten noch Spaß macht)?

Alle drei Fragen sind gar nicht so leicht zu beantworten. Man braucht ein bißchen Erfahrung mit sich und der Welt. Bei den ersten beiden hilft nur: Sich Ausprobieren. In der Schule, in Jobs oder Praktika. Ehrenamtlich. Im Verein, wo auch immer. Bei der dritten hilft nur Recherchieren, dort Tätige kontaktieren und sich mit ihnen unterhalten. Was gibt es für Berufe, was geht so vor auf der Welt? Was gibt es für Unternehmen? Was machen die Leute da? Was braucht man, um dort anzufangen?

Als Mensch mit Hörproblemen muss man dabei dann ziemlich genau nach der Art der erforderlichen Kommunikation fragen. Was man kann oder nicht kann gehört einfach zum persönlichen Profil dazu. Und wie bei jeder anderen Frage (z.B. Reichen meine Rechen- oder Englischkenntnisse?) muss ich mich fragen: Klappt das mit meinem Hören? Wie könnte das gehen? Wie könnte ich da zurechtkommen? (Meine Gedanken dazu habe ich in 12 Tipps zusammengefaßt: Taub im Job, trotzdem erfolgreich.)

Das ist alles nicht einfach, denn diese Informationen liegen nicht auf der Straße.  Manchmal dauert es sehr lange, sie zu finden. Und Unsicherheit bleibt.

Ich glaube aber: Das Wichtigste ist, dass man für sich herausfindet, was man kann und was einem Spaß macht. Das sollte an erster Stelle stehen, nicht eine Liste der für Hörbehinderte geeigneten Berufe. Sonst führt das zu den immer gleichen Jobs.

Und Ihr? Was denkt Ihr darüber? Wie gesagt, es geht darum, was man machen soll, wenn man nicht telefonieren kann.

Noch einmal: Sind Behinderte die besseren Arbeitnehmer?

Aufmerksamen Lesern dieses Blogs wird sie bekannt vorkommen — die Überschrift, unter der gerade ein Gastbeitrag von mir für die aktuelle Caritas-Kampagne erschienen ist: Klick hier!

Die Caritas fordert dort für Schule, Politik und Arbeit ein inklusives Miteinander. Ich habe daraufhin versucht, mal pointiert zusammenzufassen, wie ich über Behinderung, Arbeit, Job- und Personalsuche denke. Und ich hoffe, es reizt Euch zu Widerspruch, Zustimmung oder Kommentar.

Als nächstes schreibe ich dann hier mal wieder Beiträge, versprochen!

Das Führungsdilemma

Chefsein — eigentlich eine nette Sache. Außer bei den vielen Gelegenheiten, in denen man keinen Plan von der Sache, nicht zur Führung vorgesehen oder schlicht keine Lust auf Im-Zentrum-Stehen und die damit verbundenen Nachteile hat. Aber als Schwerhöriger unter Flotthörenden ist man im Grunde genau dazu gezwungen: Immer Chefsein und die Gesprächsführung übernehmen. Oder aber: In der dahinfließenden Konversation der anderen untergehen, weil mannach kurzer Zeit nicht mehr mit- und reinkommt.

Ich habe das ja schon einmal beschrieben als ich über die Tücken des Abendessens verzweifelte und schließlich Nie wieder Feierabend! wünschte.

Gerade las ich drüben bei Esther von einer interessanten neuen Variante dieses Dilemmas, einem schwerhörigen Gitarristen, der alleine (und ohne Hörgerät) sehr schön spielte, im Duett mit einer Violine aber leider unfähig war, sich wie vorgesehen an ihr zu orientieren und die Begleitung abzugeben. Der Violinist musste folgen — anscheinend recht zähneknirschend.

Tja, Schwerhörige. Zur Führung verdammt. Oder zum Schweigen.

Wider die Unterschichtenfalle: Beim Projekt GINKO mitmachen

Behindert=arm. Das galt in der Vergangenheit nur allzu oft. Doch auch heute noch heißt es, dass Hörbehinderung sicher zu Status- und Einkommensverlust führt. Auch hier im Blog machen sich viele wegen dieser Gleichung Sorgen  (z.B. hier).

Sicher, es gibt bestimmt auch gutgestellte Hörbehinderte. Doch von denen hört man kaum was, es gibt keine Statistiken. Das Projekt GINKO will das (unter anderem) ändern. Ich wurde gebeten, das Projekt hier bekannt zu machen. Und da ich es für eine gute Sache halte, mache ich das gerne.

GINKO ist eine großangelegte Erhebung. Die Abkürzung steht für Gesetzeswirkungen bei der beruflichen Integration schwerhöriger, ertaubter und gehörloser Menschen durch Kommunikation und Organisation. Untersucht werden soll konkret, ob und inwiefern as Sozialgesetzbuch SGB IX Verbesserungen bewirkt. Das Projekt wird durchgeführt von der Forschungsstelle zur Rehabilitation von Menschen mit kommunikativer Behinderung (FST) e.V. an der Uni Halle-Wittenberg gemeinsam mit dem Deutschen Schwerhörigenbund und dem Deutschen Gehörlosenbund.

Ziele des Projektes sind:

  • Kommunikations- und Organisationsbarrieren am Arbeitsplatz
    zu identifizieren
  • zu zeigen, wo das Sozialrecht hilft und wo noch nicht
  • positive Beispiele aufzuzeigen
  • Arbeitgeber zu informieren, was schwerhörige, ertaubte und gehörlose Menschen leisten können, wenn Teilhabe ernst genommen wird.

Letztlich soll Druck auf die Politik ausgeübt werden. Aber dafür muss eben erst einmal ein möglichst genaues Bild der Lage gezeichnet werden. Und das geht nur wenn möglichst viele mitmachen.

Mehr Details hier. Und hier geht’s zur Umfrage: –>klick<–

Danke für die Tiefschläge, Kollege!

Leider muss ich oft grinsen, wenn Kollegen mich mies behandeln — was diese meist nur noch mehr reizt. Aber es ist doch so:  Wenn Dich Kollegen mies behandeln, tun sie’s meist deswegen, weil sie Dich als Bedrohung empfinden.

Gut! Das heißt, wir spielen in der gleichen Liga. Keine falsche Schonung als „Behinderter“.

Der Ruck aus den Träumen: Geht’s noch besser? Ein Selbstversuch

Über die Sache mit den angenehmen und weniger angenehmen Weisen des Weckens hab ich schon länger nachgedacht. Jetzt habe ich seit etwa acht Wochen Rütteln am Handgelenk probiert. Soll heißen: einen Armband-Vibrationswecker. Denn ich wurde gefragt, ob ich Lust hätte, den Sleep-Tracker zu testen. Ohne Geld und ohne Verpflichtung. Das fand ich anständig. Auf sogenannte Schlafphasen-Wecker war ich eh neugierig: Wecken genau in den Phasen, in denen ich eh fast wach bin? Erholter Aufwachen? Ich sagte zu.

Und stellte fest: Ich musste mich wirklich dran gewöhnen! Mir was anzuschnallen zum Schlafen fühlt sich einfach komisch an. Ich bin’s gewohnt, mich vorher auszuziehen — und schlafe lieber unbeschwert. Die Gewöhnung hat sicher zehn Tage gedauert.

Die Erkennung, wann ich fast wach bin, funktioniert aber richtig gut. Der Alarm kommt zuverlässig kurz nachdem ich mich umhergewälzt habe und gerade weiterschlafen wollte. Das ist wirklich erstaunlich angenehm!

Allerdings: Man muss dem Wecker auch eine Chance geben. Er weckt zwar, übernimmt aber — natürlich — keine Verantwortung fürs Wiedereinschlafen. Aufstehen muss man auch immer noch selber. Viel zu früh bleibt einfach viel zu früh. Und wenn der Schlafrhythmus aus den Fugen ist, hilft auch Schlafphasenwecken nicht. Dann hat’s sich was mit dem erholteren Aufwachen. (Wer Spaß daran hat, kann das Gerät aber gerade dazu nutzen, sich geregelteren Schlaf anzutrainieren.)

Freunde der Sleep-Taste (wenn ich nicht ganz dringend aufstehen muss, kann ich mich damit über Stunden hangeln!) haben auch nicht soviel davon. Ausmachen und Weiterschlafen-bis-es-sich-endlich-richtig-anfühlt zerstört den Effekt. Ganz Geübte können ihn so aber auch von Hand und ohne Sleeptracker nachbauen.

Für Schwerhörige, Taube und Gehörlose muss gesagt werden: Die Vibrationsfunktion, und nur die habe ich ja getestet, ist beim Sleeptracker vergleichsweise schwach — eher so ein leichtes Rubbeln. Technisch gesagt: Als vibrierte er mehr lateral denn gegen meinen Arm. Kein Vergleich zu meinem Preßlufthammer im Handtuch. Das kann man schonmal verschlafen.

Nachdem ich mich nun dran gewöhnt habe, mit Uhr ins Bett zu gehen, finde ich so schlafphasengewecktwerden ganz angenehm. Kann ich also empfehlen. Allerdings wäre mir der Sleeptracker zu teuer. Es dauert nämlich eine ganze Weile, bevor man merkt ob und wieviel es einem bringt. Das hängt sehr vom individuellen Schlaf- und Aufwachverhalten ab. Ich werde den Sleeptracker definitiv noch eine Weile weiternutzen und berichten wenn sich Neues ergibt. Zum Beispiel hatte ich seither noch keine Gäste in meinem Bett — bin gespannt, wie die darauf reagieren, wenn ich mich zum Schlafengehen erstmal an den Wecker binde.

Alles, was es über Schwerhörige im Beruf zu sagen gibt?

Oh, ich habe es gar nicht getan. Vor kurzem habe ich die Reihe Taub im Job, trotzdem erfolgreich — für Schwerhörige, ihre Kollegen, Chefs und Kunden abgeschlossen und glatt vergessen noch einmal zu fragen: Was haltet Ihr denn zusammengenommen davon?

1.  Lege ein Depot an
2.  Offen sein, es nicht alleine versuchen, Initiative ergreifen
3.  Selbstvermarktung und das erfolgreiche Bewerbungsgespräch
4.   Beeinflusse die Sitzordnungen
5.   Raum und Gegenstände in Teamsitzung, Besprechung und Präsentation
6.   Ergreife das Wort: Gesprächsführung in Teamsitzung und Besprechung
7.   Akustisch Überleben beim Geschäftsessen
8.   Auf Dienstreise
9.   Nicht verzweifeln bei Konferenzgesprächen
10. Wenn’s denn sein muss: Kundenkontakt per Telefon
11. Präsentationen vor Kunden und Auftraggebern
12.  Smalltalk und Netzwerken bei Abendessen, Empfängen und Konferenzen

Was fandet Ihr gut, was nicht? Fehlt Euch was? Ist das zusammen mit der Gebrauchsanweisung für Schwerhörige alles, was es Nützliches über Schwerhörige im Beruf zu sagen gibt?

Der gleichgestellte Straßenräuber

Ich finde: Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit sind kein Grund, Jobs zu meiden, in denen es auf Kommunikation ankommt. Notfalls muss man sich halt ein paar Gedanken über Arbeitsassistenz machen — der Kleinunternehmer in dem Video macht’s vor.

Was man in Deutschland für Hilfen bekommt und wie man sie beantragt, steht in diesem und diesem Merkblatt der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen. Für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Selbständige. Nur was man aus all den Möglichkeiten macht, liegt immer noch an einem selber.

(Wie sieht’s eigentlich in Österreich aus? Über Hinweise würde ich mich freuen.)

Taub im Job, trotzdem erfolgreich, Tipp #12: Smalltalk und Netzwerken bei Empfängen und Konferenzen

Es ist vielleicht das Furchterregendste und Schwierigste was man sich für Schwerhörige vorstellen kann: Smalltalk und Netzwerken am Rande von anderen Ereignissen, Abendessen oder bei Empfängen vereint alles — den Druck des Berufs, das Ansprechen fremder Leute, oft schlechte Akustik, Gruppengespräche. Und obwohl es Beruf ist auch diesen ganz besonderen Schrecken des Feierabends, es soll ja alles möglichst zwanglos vonstatten gehen. So als ob es eine ganz normale Party sei und keiner eine Agenda verfolge. Immerhin haben damit ja oft genug auch Flotthörige ihre Schwierigkeiten und Ängste.

Was kann man da als Schwerhöriger tun? Zuerst mal… Weiterlesen

Wie lebt man gut mit Schwerhörigkeit? Nochmal Evelyn Glennie

Mal ab von der Musik und dem Film — diese Frau ist einfach wahnsinnig erfolgreich und lebt offensichtlich genau so wie sie leben will. Was hat so eine zu sagen, was kann man von ihr lernen?

Schon im Film Touch the Sound kriegt man schnell den Kernpunkt mit: Klein-Evelyn spielte Klavier und wollte Musikerin werden, verlor als junges Mädchen große Teile ihres Gehörs. So dass der Ohren-Arzt dem stark schwerhörigen Mädchen sagte, Musikerin? Kind, das kannst Du vergessen.

Das hat das kleine Mädchen sehr verunsichert. Doch zum Glück hatte sie einen Vater, der sagte: Hörend oder nicht, sie wird tun, was sie tun will. Und Klein-Evelyn wurde zur weltbekannten Percussionistin.

Es klingt banal und vielleicht ein wenig naiv, aber ich glaube: Die Unterstützung der Eltern und Orientierung daran was man will, nicht was einem gesagt wird was man könne, sind das wichtigste. Ich glaube, man muss das immer wieder betonen. Denn niemand kann von vornherein sagen, welche Lebenswege unmöglich sind.
Darum finde ich es auch so schlimm wenn Menschen mit eingeschränkter oder gar keiner Audio immer nur auf die gleichen Jobs eingeschworen werden. Und gerade vorgestern ergab sich z.B. hier im Blog wieder so eine Diskussion, bei der ich fand, dass genau das im Hintergrund stand — obwohl es vordergründig um ganz Anderes ging.

Dazu kommen müssen natürlich noch eine Prise Realitätssinn und eine Handvoll Glück. Das ist das Rezept. Realitätssinn hieß in Evelyn Glennies Fall:  statt „nur“ Pianistin Percussionistin werden. Und Glück hieß, auf inspirierte Lehrer zu treffen (und vielleicht ein Stipendium, das ist mir nicht so ganz klar).

Auf Evelyn Glennies Website kann man einen Text namens Disability Essay lesen, eine Rede, die sie mal gehalten hat,  wenn ich recht verstehe für Lehrer oder Therapeuten:

How […] do the terms „disabled“ or „Deaf“ really apply to me? In short, they don’t, not even the „Hearing Impaired“ label works because in some respects my hearing is superior to the average non-impaired person. I simply hear in a different way to most people. Other people apply the categories, but to me and some others like me these particular categories are irrelevant.

Das ist der Kern ihrer Selbstwahrnehmung: Wenn es darum geht, was sie tun und lassen kann, wie sie sich fühlt oder was sie ist, dann fallen ihr nicht zuerst die Etiketten „behindert“, „schwerhörig“ oder „taub“ ein. Und genau das hält sie auch für den Keim ihres Erfolges. Dass sie ihr Gehör ganz ähnlich wie Normalhörende behandelt. Soll heißen: nicht weiter darauf herumreitet, welche Grenzen sie hat und wo sie liegen. Sondern sie gleichsam vergisst — und sich auf ihre ganz andersartige Stärke konzentriert, nämlich ihre Musikalität.

Nebenbei: Ich finde es auch reichlich unglücklich, dass ich im Zusammenhang mit der Grimme-Nominierung in vielen Berichten als „schwerhöriger Blogger“ zu Ehren zu komme. Dabei ist das, was hier gut und preiswürdig ist, ja gerade nicht, dass ich schlecht höre. Sondern dass und wie ich hier schreibe.

Like all other people, regardless of any so called „handicap“, there are certain jobs I can’t do due to my physical attributes. However, I can’t excel at hundreds of other jobs because I either don’t want to or I believe I am not sufficiently talented. How we categorise ourselves and where we fit in to our own framework of understanding leads the vast majority to the belief that they are unable to achieve the highest levels of attainment in their chosen field of endeavour.

Was man von Evelyn Glennie lernen kann ist: Selbstbeschränkung und die Konzentration auf die eigenen Schwächen können eine viel größere Behinderung sein als irgendwelche körperlichen Gegebenheiten. Ich kann dem gar nicht genug zustimmen. Sich dauerhaft auf die eigenen Schwächen zu konzentrieren macht schließlich nicht nur unglücklich, davon hat wirklich niemand etwas.

Es gibt nur einen Haken. Was ich oben „Rezept“ genannt habe, ist eigentlich keins. Denn das Ganze heißt natürlich nicht, und das sagt auch Dame Glennie, dass man die Schwächen ignorieren oder verleugnen könne. Den Luxus hat man nicht. Spätestens von anderen wird man wieder darauf zurückgeführt. Man muss sich schon damit auseinandersetzen. Und Strategien entwickeln, wie man mit den Problemen, die daraus erwachsen, umgehen oder sie vermeiden kann. Glücklich sind dabei diejenigen, deren Zustand gleich bleibt (wo sich also die Hörfähigkeit nicht ständig verschlechtert oder stark schwankt). Denn dann muss man das Ganze nur einmal machen. Und nicht immer und immer wieder.

Was man genau tun und lassen soll, ist  damit noch lange nicht beantwortet. Und dass es einfach wird, ist damit auch nicht gesagt. Man kann sogar scheitern. Nur — gibt es eine Alternative? Ich glaube nicht.

/2010/03/16/musikhoren-probiers-mit-ausziehen/