Archiv der Kategorie: Spaß & Spiel

Ausstellungstipp: Neues Hören — neues Leben

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Ein kleiner Ausstellungstipp von mir für alle, die in der zweiten Mai-Hälfte in Frankfurt am Main sein werden oder können: Vom 17. bis 31. Mai 2013 stellt Kirsten Keppler dort ihre Bilder aus — Hören, Ertaubung und wieder zurück. Hier und hier waren auch schon einige in diesem Blog zu sehen. Ausgestellt wird bei der Firma Hörsinn, Schweizer Platz Ecke Gutzkowstraße, 60594 Frankfurt am Main (Sachsenhausen). Vernissage ist am 17. ab 17 Uhr mit Sektempfang und einem Vortrag der Künstlerin sowie von Timo Stöver, dem Direktor des HNO-Klinikums Frankfurt am Main. Anmeldung zur Vernissage bitte an kultur@hoersinn.com, Öffnungszeiten ansonsten zu typischen Ladenöffnungszeiten.

CI-Helden

Seit ich dieses Blog begonnen habe, suche ich taube Helden, schwerhörige Figuren in (fiktionaler) Literatur und Film. Schwerhörig sind scheinbar nur komische oder schrullige Nebenfiguren, vielleicht noch Opfer von Unfällen.

Wie ein kleiner CI-Held aussehen könnte (der Junge mit dem elektrischen Gehör), das hat mir jetzt tastybytes in einer Illustration gezeigt. Dankeschön!

Was man auch sieht ist allerdings, dass er selbst vielleicht gar nicht der Ansicht ist, unbedingt ein Held sein zu müssen. Und mir zu verstehen gibt, dass ihm meine hochgesteckten Erwartungen an ihn doch eher wurscht sind. Richtig so, so wird das was!

Sehen, was sonst keiner hört: Der Ablese-Service zur WM 2010

Meine Blogkollegin Jule ist ein alter Ablesefuchs. Sie vergnügt sich schon lange damit, Leuten von den Lippen abzulesen, was diese nicht laut sagen wollen.

Seit gestern tut sie damit auch was für die Allgemeinheit und twittert live, über die Spiele bei der Fußball-WM. Wir hatten dadurch schon gestern beim Spiel Deutschland gegen Ghana eine äußerst unterhaltsame 2. Ebene im Hintergrund! Ich sag nur: Arne Friieeedrich! 😉

Ich bin gespannt wie’s weitergeht. Ob sich die Mannschaften mit sowas wie dem alten Elephant-Juice-Trick auf die neue Bedrohung einstellen?

Beswingt nach Stockholm

Wer auch nur einmal über Nacht mit einer der großen Ostseefähren gefahren ist, weiß was das heißt. Ich hatte es ja schon angedeutet, die Reise nach Finnland beinhaltete auch einen Abstecher nach Stockholm. Das waren zweimal 16 Stunden Fähre. Stil und Glamour habe ich ein wenig vermißt. Aber mit guter Reisebegleitung und viel Lust auf Alkohol kann so eine Überfahrt ziemlich lustig werden.

Absolutes Highlight der ersten Nacht war der mitternächtliche Auftritt der Schiffsband, die — die Mädchen in Haremshosen mit silbernen Pailetten bestickt — ein Medley überraschend gut ausgesuchter älterer Hits zum Besten gaben. Alle Mitglieder der Band ließen mir Schauer über den Rücken laufen aber nur eine mit ihrer rauchigen Stimme.
Auch als Hörübung war das Medley gut geeignet: Ich kannte alle Lieder, aber es dauerte unterschiedlich lang, bis ich sie erkannte. Und sicher war ich fast jedesmal erst, wenn ich den Refrain hörte. Ich denke, das ist typisch fürs Musikhören von Schwerhörigen. Und insbesondere mit dem elektrischen Ohr: Das Cochlea Implantat ist ein Sprachverstehding. Entsprechend läuft auch das Erkennen (und sehr oft auch das Genießen) von Musikstücken hauptsächlich über die Sprache.

Highlight der zweiten Nacht war finnisches Karaoke. Die Finnen singen wirklich gern. Und yay, was für eine Sprache! Schriftlich so unglaublich fremd, aber klingen tut sie wunderschön! Und auch das eine klasse Hörübung: Fremde Klänge zum Mitlesen.

Wer sich mal anhören mag, wie Päivästä päivään klingt, das hier abgebildet ist — das hab ich auf youtube gefunden (natürlich mit anderer Stimme). [Nachtrag: Ich erfahre gerade, dass das Lied eigentlich Levoton Tuhkimo heißt. Unter dem Namen hab ich sogar das Karaoke-Video gefunden.] Von dem ganzen schwermütigen, aber wunderschönen finnischen Zeugs hab ich leider nix gefunden.

Auf dem Weg zur Telefontauglichkeit — heute: Nonchalance und Ernst

Beim zweiten Mal wollte ich es besser machen. Nach langer Telefonabstinenz war ja mein erstes Telefon“gespräch“ mit dem elektrischen Ohr durchaus beglückenden Inhalts aber vor lauter Aufregung zu kurz gewesen. Den nächsten Marketinganruf, das hatte ich mir fest vorgenommen, würde ich besser nutzen!

Heute klingelte dann endlich wieder das Telefon. Nummer unbekannt. Ich nahm mit dem festen Vorsatz ab, ein längeres Gespräch zu führen. Egal wer es sei. Und da ich weiß, dass man nie eine zweite Chance für den ersten Eindruck erhält, legte ich direkt größtmöglichen Ausdruck in mein „Hallooo?“

Es musste gewirkt haben. Denn aus dem Hörer flötete es: „Oh, das freut mich aber, dass ich Sie erreiche, Herr Not quite, …“ — Zumindest glaube ich das. Denn selbst wenn es inzwischen einigermaßen klingt — flöten kann man es nun wirklich nicht nennen, was mir das CI da übers Telefon serviert. (Ich habe das Implantat jetzt drei Monate.)

Leider hatte ich vor lauter Aufregung vergessen, das Gerät auf Telefonspule zu stellen, und so verstand ich schon den nächsten Satz nicht. Ich spielte darum auf Zeit. „Ich habe verstanden, dass Sie sich freuen mit mir zu reden, aber leider nicht, wer Sie sind“, lächelte ich ins Telefon. Und fummelte dabei mit der freien Hand an meiner Fernbedienung herum.

Nachdem ich auch noch das Fenster geschlossen und die Dame dabei weiter hingehalten hatte, stellte sich heraus, dass sie sich für eine meiner Versicherungen interessierte. Ob der Abschluss damals einfach gewesen sei, ich noch etwas wünschte. Nein, nein, sagte ich, alles wunderbar. Ich verstand nicht alles, aber doch ziemlich viel. Und ich glaube, die Freude darüber muss sie mir angehört haben. Denn ich kann es mir nicht anders erklären, dass sie nach einer ganzen Weile äußerst nonchalanten Geplauders auf einmal perplex verstummte — als ich sagte, nein, man dürfe mich gerne per Brief über neue Angebote informieren, keinesfalls aber per Telefon! „Äh, okay“, sagte sie. Natürlich muss sie damit gerechnet haben, aber ich denke, der abrupte Stimmungsumschwung hat sie überrascht.

Trotzdem, mich hat’s erfreut. Und wenn ich telefonmäßig mal groß bin, dann führe ich so umwerfende Gespräche wie Frau N.!

Den Klauen der Akustik entkommen

Nicht immer nur das Sofa plattsitzen. Mit Freundinnen oder Freundinnen einfach losziehen. Dahin gehen wo’s nett oder was los ist, das Essen gut, die Drinks gekühlt — oder wo es einfach interessant aussieht, um’s auszuprobieren. Eine Selbstverständlichkeit, oder?

Nein. Nicht als stark Schwerhöriger. Sofern auch geredet werden soll, geht es immer um die Akustik und die ist eine strenge Herrin. Zu voll? Geht nicht. Musik im Hintergrund? Gestorben. Hohe Decken, blanke Wände, Steinfußboden? Vergiß es. Das einzige Etablissement am Platze in dem sich kein Schwein aufhält, aus gutem Grund vielleicht? Das wäre was für uns!

Es ist wirklich ein Krampf. Wie man unter diesen Bedingungen wenigstens einigermaßen bei Geschäftsessen akustisch überlebt, habe ich hier beschrieben.

Jetzt aber tut sich was. Gestern war ich mit Freundin N. aus — und sie sagte hinterher: „Hat mich ein bißchen gewundert, dass Du dieses Restaurant gewählt hast. Die Musik war schon etwas nervig.“ Und wißt Ihr was? Ich hatte einfach eins vorgeschlagen, ganz ohne groß drüber nachzudenken wie die Akustik war. Mit CI und Hörgerät war es: Ziemlich anstrengend.

Das muss man aber andersrum lesen: Es war möglich. Es war möglich! Gut, es war recht leer, also nicht gar zu schwierig. Aber ich werde das jetzt öfter machen: frei wählen.

Was suchst Du? Das Montagsrätsel

Eure Kreativität ist gefragt! Darüber zu lachen, mit was für Suchanfragen die Leute auf einen Blog kommen ist verbreiteter Spaß. Ich mach’s ja auch. Hier und heute dagegen mal was Neues:

In der WordPress-Statistik werden nicht die kompletten Suchanfragen angezeigt, sondern nur bis zu so-und-soviel Zeichen. Da wird dann abgeschnitten. Und ich hab mich schon häufiger gefragt, wie’s wohl weitergeht…

Was meint Ihr, was könnte dieser Mensch gewollt und auf meinem Blog gefunden haben?

du bist behindert! ich kann nicht das t

Na?! Wem fällt das zutreffendste, lustigste und absurdeste ein? Bin ja mal gespannt, was Ihr denkt, was man hier so finden kann…

Ich liebe das Reden, das Reden liebt mich — äh, nicht mehr

Taboo -- Photo by acroamatic / flickr, some rights reserved

Heute kann ich aber mal dreifach stolz sein auf mich! Nicht nur haben wir gestern zu fünft acht Flaschen Wein den Garaus gemacht und trotzdem noch bei Wasser weitergespielt, nein, mein Team hat auch noch gewonnen. Und es war bei  Tabu. Oje.

Früher fand ich das Spiel toll; immerhin macht es mir ja Spaß, mich auszudrücken. Mich reizt die Herausforderung, behindert zu kommunizieren. Und der Zeitdruck. Das muss mal gesagt werden: Ich war ziemlich gut. Tja, ein großer Wortschatz hilft, hehe.

Inzwischen bin ich zwar immer noch recht gut im Reden — aber das Reden der anderen geht an mir vorbei. Es fällt mir wahnsinnig schwer, Leute zu verstehen, die unter Zeitdruck hechelnd und unzusammenhängend reden. Auch wenn es 30cm vor meiner Nase stattfindet und keine Musik das Gespräch verdreckt. Man muss das ja schon fast Stammeln nennen, was man da bei Tabu so macht.

Außerdem ist es schon vorgekommen, dass ich beim Selberreden nicht mitbekommen hab, dass das gesuchte Wort schon gefunden, also gesagt wurde. Das stellt sich dann zwar im Nachhinein raus — den Punkt kriegt man trotzdem!  Es ist aber so peinlich, dass ich das wirklich nicht oft machen möchte. Was ich bei Tabu auch immer noch kann, ist mit der Karte in der Hand zu prüfen, ob ein verbotenenes Wort gesagt wurde. Wenn ich weiß auf welchen Klang ich horche, klappt das. So verstehen Schwerhörige, darin bin ich geübt.

Ähnliche Probleme hab ich mit Spielen wie Scharaden oder Montagsmalern. Immer dort,wo ich etwas tun und gleichzeitig verstehen muss was andere sagen. Verstehen geht bei mir nur, wenn es die Hauptsache ist. Und richtig raten, ohne mitzubekommen was schon gesagt wurde, was schon mal nicht stimmt und wohin die Spur geht — ist auch nicht einfach. Bei diesen Spielen sitze ich früher oder später nur herum.

Übrigens, hörmäßig einfach weil zum Mitlesen und sehr lustig  war neulich: Anno Domini. Da hat man Karten auf denen absurde Ereignisse stehen und man muss die in die richtige zeitliche Abfolge legen. Wir hatten so eine lustige Variante, wo’s nur um Massenmörder, Kannibalen, Giftmischerinnen, brutale Heerführer und hinterhältige Bischöfe ging…

Da gibts viel zu sehen, da braucht man nicht zu hören. Eine Nacht im Tigerpalast

Tigerpalast 001

Nach Jahren es endlich mit den Eltern in den Tigerpalast schaffen. Feststellen, dass die sorgsam in Internet gekauften Karten für die Vorstellung vor drei Tagen galten. Dabei Scheitern, Garderobiere und Einlasser zu belabern, dass man doch sicher irgendwo am Rande noch ein Plätzchen fände. Dem Vater zusehen, wie er sein altes Motto „Nie aufgeben!“ wieder rauskramt und — als wir schon draußen sind — ein Funkeln in den Augen kriegt, noch einmal reingeht und irgendwie noch den Platzanweiser und Ober überzeugt kriegt, dass wir „um neun nochmal wiederkommen sollen, das kriegen wir schon hin.“

Das Programm gerade ist superb. Ich bin ja sowieso der Meinung dass man nicht immer nur ins Kino gehen sollte, sondern auch immer mal wieder Artistik und Akrobatik braucht. Die intime Atmosphäre im Tigerpalast (und das nette Personal) tun ihr übriges. Je nachdem wie man sitzt baumeln die Damen an Seil und Trapez einen halben Meter neben und über dem Scheitel. Wenn ich es bezahlen kann schleppe ich mein nächstes Date hierher, erst unten ins Restaurant zum Speisen und später in die Show.

Und alles zum Sehen — nur der Conferencier hatte auch drei Nummern zum Hören, die mir leider vollständig entgangen sind. Aber Vorsicht — dieser Herr klaut Ihnen ohne dass Sie’s merken ihre Krawatte vom Hals weg!

Taschendieb im Tigerpalast 003

Science Fiction kann nicht jeder: Warum hörgeschädigte Figuren in Film und Literatur so selten sind

Es hat mich sehr geärgert, dass es in Literatur und Film kaum hörbehinderte Hauptfiguren gibt. Und dass Schwerhörigkeit einfach als nicht sexy genug gilt, so dass — wenn solche Figuren auftauchen — sie eher gehörlos sind. In den Kommentaren zu dem Beitrag ist damals eine rege Diskussion entstanden.

Weil ich das so interessant fand, hat Salomea mir jetzt einen Text geschickt (danke, Salomea!). Darin erklärt sie, warum es so schwer ist, glaubhaft und spannend über Hörgeschädigte zu schreiben. Und besonders über Schwerhörige.

Eine gute Fiktion lebt nicht nur vom Plot, ergo der Handlung, sondern von den Charakteren die ihn erleben. Ein guter Charakter ist dreidimensional. Er überzeugt dann, wenn sein Schöpfer nicht nur erzählt Karl-Heinz sei ein fröhlicher Mensch, sondern wenn Karl-Heinz‘ Auftreten, sein Habitus und seine Dia- und Monologe das ausdrücken. Erschafft man einen (hör-)behinderten Charakter bedeutet das immer auch ein Stück weit Stigmatisierung. […]

Schwerhörige sind auch deshalb seltener Thema weil sie bedeutend schwieriger darzustellen sind. Für den nicht betroffenen Autor unterscheiden sie sich zum einen nicht von denen Hörenden, sind jedoch auch um anderen aufwendiger zu erforschen und werden aufgrund der gegebenen Bilder auch von der Leserschaft nur als Alte, die ständig nachfragen akzeptiert. Einen jungen Mann oder eine junge Frau die für sie ganz selbstverständlich über Trendfarben für Hörgeräte nachdenken und Fabrikate vergleichen oder in einer sozialen Situation klarstellen, dass man mit Hörgeräten zwar lauter hört aber das Sprachverständnis sich deshalb nicht bessert wird die Leserschaft ablehnen, weil sie diese Welt nicht versteht. Einen schwerhörigen Schweißer, der während seiner Arbeit die Hörgeräte ablegt wird niemand nachvollziehen wollen, weil er doch mit den Geräten hört. […]

Hat der Autor im realen Leben sich nie über längere Zeit im Umfeld so einer Person bewegt würde so eine Skizzierung auf einer Art Science Fiction basieren und dieses Genre interessiert nicht jeden und kann auch nicht von jedem umgesetzt werden.

Na, was meint Ihr? Hier der vollständige Text als pdf.

Nur keine Scham beim Arzt

„Oh, Sie haben wenig Zeit. Soll ich mich beeilen?!“

Ich bemühe mich, meiner Stimme eine Mischung aus Unschuld und Mißbilligung zu geben. Schielt dieser neue Arzt doch tatsächlich immer wieder verstohlen auf seine Armbanduhr! Während ich ihm knapp (!) meine Krankengeschichte schildere. Schnösel!!

„Oh äh, tut mir leid…“

Mein Lächeln wird mild-verachtend.

„…ich habe auch Hörgeräte. Das ist meine Fernbedienung.“

Ich blinzele zweimal und lächele weiter.

Das ist aber auch eine blöde Idee, da ne Fernbedienung reinzupacken. Nächstens kommt sie noch ins Handy und ich denke der verschickt währenddessen SMS….

Ich les Dir doch nur von den Lippen, was bist Du so nervös?

Meine Mitfahrer meinen: Sie möchten bitte ruhig und im Schlaf sterben, wie mein Opa — und nicht heulend und kreischend wie sein Beifahrer.

Pfft, Memmen! (duckundweg)

Konversation und ihre Tücken: Wie macht man ein nettes Abendessen mit Schwerhörigen?

Mein täglich Brot beim geselligen Abendgelage zu mehreren ist: Ich komme einfach nicht mit.

Ich kann dem Lauf der Unterhaltung nicht folgen und oft nicht mal verstehen, wenn mich überraschend jemand direkt anspricht. Da ich nicht weiß, worüber geredet wird – was, selbst wenn ich den Anfang mitbekommen habe, nach drei, vier Wortwechseln der Fall ist – kann ich auch keine passenden Beiträge machen. Sondern im besten Fall ein neues Thema ansprechen. Was mir auch nicht immer einfällt. Und im schlechtesten seltsam unpassende Beiträge machen.

Man wechselt ja auch nicht einfach so das Thema, der Zeitpunkt muss schon passen. Wissen, was schon besprochen wurde, worüber sich gerade jemand ereifert oder begeistert hat, ist auch nicht schlecht. Und schließlich ist Reden ja ein Ping-Pong-Spiel: Man muss den Ball auch aufnehmen und wieder zurückspielen, antworten auf die Antworten der Leute. Das ist was anderes als eine Serie von Monologen. Und man muss den Moment finden, wenn der eine Sprecher schon fertig ist, der nächste aber noch nicht begonnen hat.

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Nie wieder Feierabend, die Lösung für Schwerhörigkeit — dachte ich mal

Letzten August war ich so frustriert, dass ich gar kein Privatleben mehr haben wollte. Stattdessen: einen dieser Jobs, bei denen man 70 Stunden die Woche arbeitet und den Rest des Lebens maximal fernguckt. Denn spätestens seit der Industrialisierung haben wir ja Arbeit und Feierabend – und Arbeit ist für mich mit meiner Ertaubung trotz aller Schwierigkeiten leichter als Feierabend. Traurig, aber wahr.

Das mag erstmal komisch klingen, hat aber einen ganz einfachen Grund.

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Das Ohr im Bierbecher, oder: Musikhören mal anders

Wir waren früh dran beim Konzert von Moderat letztes Wochenende (höre hier und hier). Früh hieß in diesem Fall halb ein Uhr nachts. Klingt erstmal spät, aber bis Konzertbeginn waren immer noch fast 90 Minuten hin. Wir sind im hippen Brooklyner Stadtteil Williamsburg, da scheint das normal zu sein. Ich jedenfalls kannte sowas bisher nur von Clubs, nicht von Konzerten. Wahrscheinlich dachten sich die Veranstalter, bei Moderat verschwimmen die Grenzen.

Foto: njmcc / istockphoto.com

Meine Freundin K. und ich vergnügten uns also bis dahin mit Rumstehen und Biertrinken. Ergebnis: Bei Konzertbeginn hielt ich einen großen, leeren Plastikbecher in der Hand. Und der machte Sachen!

Mit Hörgeräten höre ich Musik auch jetzt — fast ganz ertaubt — noch einigermaßen. Ans Verstehen von Gesang ist allerdings nicht zu denken, ich kann die Instrumente nicht mehr so gut auseinanderhalten und inzwischen klingt leider alles ein bißchen dumpf. Auf Konzerte gehe ich dennoch immer mal wieder gerne.  Musik hört man ja auch nicht nur mit den Ohren, man nimmt sie auch anders wahr.  Ich sehe die Musiker, fühle den Bass, bin fasziniert von den Lichteffekten und genieße die generelle Stimmung. Das fließt alles in die Musikwahrnehmung mit ein.

Der Bierbecher zwischen meinen Fingerspitzen schwang, sirrte und vibrierte. Meist „begleitend“ zu dem was ich hörte — aber manchmal auch „solo“. Ich spürte da Vibrationen, die ich keinen Tönen zuordnen konnte. Mir fiel ein, was ich vor kurzem gelesen hatte: Am National Technical Institute of the Deaf in Rochester, New York, würden bei Konzerten Luftballons an gehörlose Zuhörer ausgeteilt. Damit diese die Musik in ihren Fingerspitzen fühlen können. Ungefähr so musste das sein! Ich fühlte, was ich nicht hörte.

Interessantes Gefühl, einfach mal ausprobieren!

(Das Konzert übrigens war eher so mittelmäßig. K. und ich waren uns einig, dass es elektronischer Musik nicht gut tut, wie Rocknummern dargeboten zu werden — mit Anmoderationen und Pausen dazwischen zum Klatschen.)

Untertitel im TV — Was das Beispiel USA wirklich lehrt

Schwerhörige, Ertaubte und Gehörlose kämpfen schon lange, doch erfolglos: Im deutschen Fernsehen gibt es zu wenig und zu schlechte Untertitel (mehr hier/hier). Ich denke darum, wir sollten die Argumentation ändern — und nicht immer nur Untertitel für Hörbehinderte fordern! Das legt gerade das Beispiel USA nahe.

Die werden oft als Vorbild gelobt. Weil die Möglichkeit zur Einblendung von Untertiteln gesetzlich vorgeschrieben ist, sind für fast jede Sendung Untertitel zuschaltbar — nicht nur für Spielfilme, auch Serien und Live-Sendungen wie Nachrichten, Talk- oder Comedy-Shows. An öffentlichen Orten werden sie oft standardmäßig eingeblendet. In jeder Bar laufen die Fernseher ganz selbstverständlich mit Untertiteln.

Foto: It's always sunny in Philadelphia / screenshot via hulu.com

Sogar im Internet-Fernsehen gibt es Untertitel, obwohl Internetstreaming nicht der gesetzlichen Pflicht unterliegt. (Hier ein Screenshot von It’s always sunny in Philadelphia via hulu. Die ersten beiden Staffeln sind saukomisch, sehr zu empfehlen!)

Paradiesische Zustände also für Schwerhörige. Doch es ist nicht nur Behindertenliebe, die das alles möglich gemacht hat.

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Amerikanisches Fernsehen im Netz — mit Untertiteln!

Bei Hulu.com gibt es amerikanisches Fernsehen im Internet —  Filme, Shows, Serien. Was ich bisher übersehen hatte: Sehr viele Shows haben Untertitel! Warum hat mir das keiner gesagt?

Einfach auf das kleine Symbol „cc“ achten und draufklicken. Oder gleich nach „closed captioned“ suchen.

Das heißt übrigens: Man kann auch die Episode von Dr. House mit Untertiteln gucken, mit der er die Schwerhörigenszene in den USA gegen sich aufgebracht hat — und die ich hier beschrieben habe.

Update: Bernd hat mich gerade darauf hingewiesen, dass hulu offenbar aus Europa nicht so leicht erreichbar ist. Schade, zu früh gefreut. Hier steht an einem anderen Beispiel, wie man es trotzdem nutzen kann. Variante drei ist die einfachste, sonst die erste…

Sommerzeit, Schwimmbadzeit!

Schwerhörige bitte vorher auf elektrische Anhängsel prüfen…

Foto: luh / photocase.com

Auszeit von der Schwerhörigkeit: Ich empfehle Boxen

Wunderbares Kontrastprogramm! 7 gute Gründe dafür:

  1. Hören spielt keine Rolle. Schläge sieht man — im Ansatz oder gar nicht.
  2. Es gibt nix mißzuverstehen. Ne trockene Gerade läßt keinen Zweifel. Geradezu Urlaub von der Schwerhörigkeit.
  3. Ausgleich für verloren gegangene Schlagfertigkeit. (Wenn das halbe Gehirn damit beschäftigt ist, aus Bruchstücken von Gehörtem einen Satz zusammenzusetzen, fällt’s schwer, nicht auf dem Mund gefallen zu sein. Und beim Boxen mußt Du spontan agieren.)
  4. Schon mal Frust mit Sandsack abreagiert? Super!
  5. Gibt Selbstvertrauen. Gut gegen verlorenes.
  6. Moral: Auch nach dem Hauen Freunde bleiben. Und manchmal erst dadurch werden.
  7. Macht gute Figur. Kann nie schaden.

Gut, es ist eher ne Männersache. Aber viele andere Kampfsportarten gehen auch. Allen die jetzt mit komischen Nasen, blauen Augen, Schmerzen und Langzeitschäden kommen, sei zweierlei gesagt: Es gibt Schutzausrüstung — damit können sogar Leute in kundennahen Berufen sorglos boxen. Und es schallt meist so aus dem Wald heraus, wie man hineinruft. Wenn das nicht so ist, sollte man den Club wechseln, dann ist es nämlich der, der schlecht ist. Noch besser als Boxen ist übrigens Thaiboxen!

Das Spiel zur Lage der Welt

Wo ich gerade Sparen und Finanzkrise ansprach – spielt eigentlich noch jemand Monopoly? Dieses Spiel in dem man ein Immobilienimperium aufbaut? Ist das immer noch das meistverkaufte Brettspiel der Welt, wie der Verlag Hasbro es bewirbt (in 103 Ländern verkauft, in 37 Sprachen übersetzt)?

Wär doch passend. Ich jedenfalls hab das früher ganz gern gespielt, aber schon lange nicht mehr daran gedacht. Und auch nix von gehört. Aber anscheinend wird im Moment doch tatsächlich Werbung für das Spiel gemacht – und zwar sehr schöne! Angucken bei space invaders! (Gefunden durch notcot).

Vielleicht kommt ja demnächst eine Version raus, in der man sich um staatliche Rettung (Bailout-Money) bemühen darf. Immerhin gab es passend zum Earth Day 2008 eine Klima- und Ressourcenschutz-Version des Spiels (mehr hier).

Der Verlag kolportiert übrigens immer noch den Erfindungsmythos, das Spiel sei kurz nach der Weltwirtschaftskrise in den 1920ern von einem Arbeitslosen erfunden worden:

Das Leben war trostlos, aber Darrow hatte eine großartige Idee: ein Spiel, mit dem jeder in die Welt der Reichen hineinschnuppern könnte. (Quelle)

Wikipedia gibt hier gut belegt die wie immer etwas kompliziertere Geschichte wieder.