Ich habe „Menschen, das Magazin“ (ZDF) etwas über meine Berufsgeschichte erzählt — und herausgekommen ist dieser nette Beitrag. Meine Geschichte kommt ab Minute 5, davor geht es um Aynur Boldaz, die ein Unternehmen gegründet hat.
Drei Jungs auf dem Weg zum Feierabendbier. Man ist durstig. Und mit dem Fahrrad unterwegs.
Freund 1: „Fahren wir unten am Rhein entlang oder oben auf der Straße?“
Herr Notquite: „Straße. Straße, ist kürzer.“
Freund 1: <nickt>
Freund 2: „Ja, aber am Rhein ist schöner. Außerdem können wir da locker nebeneinander fahren. Können wir quatschen.“
Herr Notquite: „Dann fahrt Ihr mal zu zweit nebeneinander, ich fahr hinterher.“
Freund 1 und 2: ???
Herr Notquite: „Ich hab‘ beim Radfahren immer so Windgeräusche im Ohr, wegen der Hörgeräte. Kommt über die Mikrofone ganz laut. Da kann ich mich nicht unterhalten.“
Freund 1: <überlegt>
Freund 2: „Gut, fahren wir oben. Das ist dann für alle gleich schlecht.“
Das Trio setzt sich in Bewegung und nimmt die Straße.
Ich bin ein eher weltentrückter Mensch. Den Eindruck haben zumindest einige Leute gewonnen, die sich mit mir unterhalten haben. Und ich kann es ihnen nicht verdenken.
„Klitschko?“ „Kennichnich.“
„Angelina Jolie“ „Ähm, sagt mir nix.“
„Banksy?“ „Wer ist das?“
Das Problem sind die Eigennamen. Bei denen stehe ich häufig vor dem Problem: Kenne ich diesen Menschen nicht? Oder habe ich da was akustisch nicht verstanden?
Nicht blöd wie ich bin sage ich es inzwischen auch jedes Mal sofort, wenn das Problem auftaucht. Wenn ich aber nach der dritten Wiederholung immer noch nicht weiter bin, dann muss ich Farbe bekennen. Und mal ehrlich, wie würdest Du entscheiden? Genau. Ich finde auch, dann liegt der Schluss nahe, dass ich den Namen nicht kenne.
Tja, nur leider, kannte ich ihn dann öfters doch. Und nicht nur ich, sondern manchmal so ziemlich jeder andere Mensch auch. Was mich dann ziemlich eigen wirken ließ. Besonders nett war das immer in Kreisen, in denen man sich darüber definiert, welche Bands man hört und welche Künstler man kennt.
Ich wirke hoffentlich nicht ganz so schlimm wie der Typ in dem Video oben. Vor allem habe ich nicht so unglaubliche Augenbrauen. Aber dennoch. Öfters bin ich für andere jemand, den man fragen möchte:
„Sach ma, in welcher Welt hast Du denn die letzen Jahre verbracht?“
Fünf Tage Hörtraining unter schwierigsten Bedingungen haben ein Ende. Und wie jedes Mal hinterher frage ich mich, ob die Ohrwürmer schlimmer oder angenehmer wären, wenn ich den Text tatsächlich verstehen würde.
Freue mich auf die nächste Trainingssession in neun Monaten!
Manon war eine tolerante Frau. Sie kannte viele Schwerhörige. Und sie war Schwäbin. „Ist doch klar“, dachte sie darum, „Schwerhörige können alles. Außer gut hören.“ Zum Beispiel konnten sie exzellente Psychoanalytiker sein.
Weil sie das so empfand, und es ihr nach einigen Sitzungen deutlich besser ging, machte es ihr auch nichts aus, sich öfters zu wiederholen, wenn Dr. Reitenberger sie wieder einmal nicht verstand. „Ist doch klar“, dachte sie, „so wie er da am Kopfende der Couch sitzt, nebenher Notizen machen muss und wie ich von ihm abgewandt auf der Couch liege — kein Wunder, dass der Arme da Probleme hat. Nicht mal Lippenlesen kann er aus der Position!“
So dachte sie mehrere Monate lang. Bis sie eines Tages nach der Sitzung im Treppenhaus auf eine Nachbarin stieß. Dr. Reitenbergers Praxis befand sich nämlich in einem Wohnhaus. „Sie müssen Manon sein“, begrüßte sie die Nachbarin und lächelte schräg: „Ich habe schon so viel von Ihnen gehört. Eigentlich jedes Mal wenn Sie beim Dr. Reitenberger sind. So laut, wie Sie mit ihm reden.“
Da sieht man mal, was einem alles entgeht, wenn man immer gleich richtig versteht. Was für eine Einschränkung! Was habe ich gelacht! Untertitel sind übrigens vorhanden.
Ich weiß nicht, wer sich hinter „bad lipreading“ verbirgt oder wie sie auf die Idee gekommen sind, aber ich finde es großartig. Was man auch sieht, und zwar sehr deutlich, ist, dass reines Lippenlesen nicht geht. Die Lippenbewegungen völlig verschiedener Worte sind einfach nicht unterscheidbar. Damit Lippenlesen zuverlässig funktioniert, muss man zusätzlich im Kopf zumindest eine Vorstellung dessen haben, was gesagt wird. Was im Normalfall z.B. am Arbeitsplatz geredet wird, in der Kneipe oder auf dem Fußballplatz. Wird dann doch mal etwas Überraschendes gesagt, wird’s schwer bis unmöglich.
Und falls jemand mit Game of Thrones nichts anfangen können sollte, hier — ebenfalls hehehe — für die politisch Interessierten unter uns:
Über diesen Beitrag im ZDF freue ich mich noch immer. Leider gab es keine Untertitel. Jetzt aber kann ich Euch endlich ein Transkript zur Verfügung stellen. VIELEN Dank an Philipp und Katharina von Hören ohne Barriere e.V.für diese Unterstützung!
Es wird in den nächsten Monaten einige Lesungen aus der Tauben Nuss geben. Freue mich, hier die nächsten anzukündigen: Essen, Hannover, Köln. Und Leipzig.
Der Hessische Rundfunk hat sich mit mir unterhalten und dabei ist ein ganz interessantes Gespräch herausgekommen. (Auf hr iNFO Radio heute 15:05 und morgen 14:05h; mp3 hier.)
Nebenbemerkung: Ich bin ziemlich zufrieden mit dem Stück — genauso wie ich mich auch wahnsinnig über dieses ZDF-Stück hier freue. Leider gibt es senderseitig hier wie dort keine Barrierefreiheit (hier kein Sendemanuskript, dort keine Untertitel). Ich möchte aus diesem Anlass noch mal hervorheben, wie entgegenkommend die jeweiligen Redakteurinnen waren, wenn es um die Erstellung von Untertiteln bzw. Sendemanuskript ging, sie haben versucht, vieles in Bewegung zu setzen. Aber individuelles Engagement reicht halt nicht. Gescheitert sind sie dann an den Strukturen, in denen sie arbeiten. Wird höchste Zeit, das sich da was ändert, es müssten Wege gefunden werden, die Erstellung von Untertiteln, Manuskripten (oder auch Bildbeschreibungen) in die Prozesse einzubauen. Wie Christiane es ausdrückt, in ihren Kaffeesatzlesereien für 2014:
Bei einem Überschuss von 500 Millionen Euro an Rundfunkabgaben, ist es nicht zu verstehen, warum ARD und ZDF ihr Programm nicht endlich vollständig untertiteln. Mit dem Geld könnte man nicht nur untertiteln, sondern auch noch die Bildbeschreibungen für blinde Menschen massiv ausbauen. Zumindest sollten die Sender 2014 in der Lage sein mitzuteilen, bis wann sie die 100% Untertitel erreicht haben.
Die ARD hat eine Themenwoche, „Zum Glück“, und thematisiert in diesem Rahmen auch das elektrische Ohr (Cochlea Implantat). Ist der Weg aus der Stille, also aus der Taubheit, auch der Weg zum Glück? Unter welchen Bedingungen?
In einer halben Stunde Sendezeit kann man eine Geschichte ja schon differenziert erzählen, ich bin also gespannt was Claudia Banse aus der Geschichte einer Zahnärztin aus Leidenschaft, Kirsten K., macht (HR Fernsehen, Donnerstag, 21.11. 18:50 Uhr und Freitag, 22.11. 11:35 Uhr).
Kirsten ist in diesem Blog ja keine Unbekannte (z.B. hier), und dass ich sie und ihre Geschichte persönlich kenne, macht mich noch gespannter.
Manchmal starrt einen eben eine ganze Busladung Menschen an. Ein kleiner Ausschnitt aus der ersten Taube-Nuss-Lesung in Wiesbaden, den Text habe ich als Zugabe gelesen.
Die Taube Nuss ist schon vor fast zwei Monaten erschienen — jetzt ist endlich auch die erste Feier mit Lesung dazu vollbracht (wegen Kleinheit invite only). Ab ging’s im Atelier, die Band rockte, die Stimmung war bombig. Hat Lust auf mehr gemacht! Bin gespannt, wo ich demnächst noch so lesen werde, einiges ist schon in der Planung. Ihr könnt Euch freuen, jedenfalls hoffe ich, dass Ihr das macht.
Übrigens, Einladungen — am liebsten in Bars, Cafés, Ateliers etc. — nehme ich auch gerne an…
Streetart, Beethoven und auch noch Hellblau? Ich konnte schon vor zwei Jahren nicht widerstehen und habe mir das Plakat dieser Obey-Thoven Werbekampagne eines US-Radiosenders für klassische Musik bestellt, die an Shepard Fairey angelehnt war. Wie man an diesem Foto von vor ein paar Tagen sieht, sorgt sie in New York auch zwei Jahre danach noch für Kontroverse. Beethoven hin, Mozart her — sieht immer noch cool aus, oder?
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