Mein Musiklehrer aus der 7. Klasse war ein unscheinbarer Mensch. Kleinwüchsig und dünn, mit einer echten Cäsarennase und einer Kopfbehaarung, die sich hinter jenen aus Williamsburg nicht zu verstecken braucht. Wir hielten ihn alle ein bißchen für einen Spinner.
Doch er liebte die Musik. Und das Experimentieren. Ich sehe ihn immer noch genau vor mir: Er hatte uns alle Schlagzeug spielen lassen, die Mädchen wollten nicht, wohl aber wir Jungs. (Drums, yeah! Ich versuchte es genauso zu machen wie ich es in den Rockvideos gesehen hatte und hieb mit beiden Stöcken gleichzeitig hinein!) Schließlich stellte er die snare drum vor uns hin und meinte mit gewichtiger Miene: „Ihr haut immer nur da oben auf das Fell. Aber alles macht Geräusche.“ Dann beugte er seinen schlaksigen Körper hinunter und klopfte und strich gegen alles was die Trommel zu bieten hatte: Ränder, Ständer, Seite, Ständerfuß, ja sogar auf den eigenen, von einem Lederband verzierten Arm und den Boden. Dabei lächelte er.
Er ermunterte uns, Klänge wahrzunehmen und zu machen — und das nicht nur dort wo sie gemeinhin gemacht werden.
Genauso geht es mir gerade wieder: Ich klatsche in die Hände, klopfe an Wände und auf Tische, kratze mit den Fingernägeln am Computer, knistere mit der Chips-, der Lebkuchen- und der Lidl-Tüte. Ich stampfe auf den Boden und schleife meine Füße, was beim Gehen durch die Stadt recht komisch aussieht. Ich sage dabei A! und a! und sss! und Pft! vor mich hin, drehe die Dusche an und lasse sie gegen den Duschvorhang pladdern. Und ich ärgere mich, dass ich vorhin beim Pinkeln vergessen habe, direkt ins Wasser zu zielen!
Leider waren am Ententeich keine Enten, die für mich quaken wollten. Aber — alles macht Geräusche! Und wichtig ist das deswegen, weil ich die (meisten) zwar vorher auch gehört habe, aber jetzt klingen sie wieder spannend, frisch und knusprig statt des ollen, verwaschenen Impressionismus, den ich gewohnt bin.