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Dim Sum, oder: Nichtfragen ist auch keine Lösung

Vielleicht ist es ja nur, weil ich sonst schon so oft außen vor bleibe. Akustisch nicht mitkomme. Jedenfalls bin ich hoffnungslos fasziniert, wenn in chinesischen Restaurants auf einmal Gerichte nur auf chinesisch in der Karte stehen. Mitten in Deutschland. Ich habe dann das Gefühl, dass mir das Beste vorenthalten wird. Oder oder zumindest das Interessanteste.

Im äußerst empfehlenswerten Berliner Good Friends z.B., in dem Chinesen auf der regulären Karte ganz offen-heimlich etwa 20 Gerichte mehr angeboten werden! Oder im New City in Düsseldorf, in das mich vorgestern Freundin N. ausführte. Dort allerdings bekommen Uneingeweihte sowieso nur die „deutsche“ Karte, was man sich etwa so vorstellen muss wie die Kinderkarte im Landgasthof.

Wer aber hingeht und mit wissendem Lächeln die Dim-Sum-Karte verlangt, der bekommt nicht nur mit die besten Dim Sums, die ich bisher in Deutschland gegessen habe. Sondern auch seitenweise faszinierende Rätsel. Denn nur die Dim Sums sind deutsch untertitelt. Er darf sich dann nur nicht wundern, wenn — nach der Darstellung von soviel Pseudokennerschaft —  die Bedienungen  sich das breite Grinsen nicht verkneifen können, während man etwas hilflos und so offensichtlich ganz falsch mit Tellern, Saucen, Löffeln und Stäbchen hantiert.

Und die „geheimen“ Gerichte? Müsst Ihr schon selbst rausfinden. Für mich war es wie wenn ich in geselliger Runde nicht verstehe, worüber sich die anderen so angeregt unterhalten. Es waren zwar ein paar Dinge darunter, die werden mich jetzt mein Leben lang verfolgen. Aber Nachfragen lohnt sich. Und der Besuch in beiden Restaurants auch. Denn einiges, was ich so erfahren habe, will ich nun nicht mehr missen. Nichtfragen ist jedenfalls keine Lösung.

phonophob

Aussehen tut das Wort ja gut: phonophob. Könnte auch auf einem coolen T-Shirt stehen.

Leider fühlt es sich nicht gut an. Mir ist gerade klar geworden, dass ich mit CI wohl den einen Klang wieder werde hören müssen, wegen dem ich froh war, dass mein Gehör schlechter geworden war. Das war nämlich für alle Beteiligten besser so. Für mein Nervenkostüm und für die Stimmung am Tisch.

Es geht um Eßgeräusche. Erwachsenen, womöglich auch noch nahestehenden Menschen zu sagen, es stört mich, wie Du ißt, finde ich dermaßen Fundamentalkritik — das ist nahe dran an es stört mich, wie Du bist.

Jetzt ist mir bange. Ob ich dann Musik auflegen soll? Was Essen angeht, bin ich wirklich empfindlich.

Stille

Mute -- Photo by Not quite like Beethoven, all rights reserved

Stille ist nur für Erwachsene, glaube ich. Zumindest kann ich mich nicht erinnern, dass ich mir als Kind oder Jugendlicher mal bewußt Stille gewünscht habe oder das einer meiner Freunde so etwas erzählt hätte. Leiser, nicht so laut — ja. Aber Stille, so richtig absolute Stille? Nein. Viel lieber wollte ich überall Musik hören, die mich durchs Leben und meine Gefühle trug. Und in der Musik (oder auch in sogenannten Räumen der Stille) ist Stille ja eher dazu da, wenige Töne und Geräusche zu akzentuieren. Vielleicht braucht es eine gewisse Lebens- und Lärmerfahrung bevor man auf sowas kommt, wie sich absolute Stille zu wünschen? Oder sie schön zu finden?

Ich habe es gerade so in die Volljährigkeit geschafft, bevor Stille etwas wurde, was ich nie erleben werde. Mit 18 habe ich mir einen Tinnitus zugelegt. Als mir also das erste mal jemand erzählte, wie beeindruckend Stille sei, so richtig absolute Stille, „da ist einfach gar nichts!“ (er hatte sie auf einer Reise in die Wüste erlebt), da waren das für mich schon Geschichten. Er fand das toll, geradezu erhebend.  Jaja, sagte ich darum. Klingt interessant. Denn eins ist meine Welt jedenfalls nicht: still und ruhig. Obwohl viele sich die Welt von Schwerhörigen und Ertaubten so vorstellen.

Mui Ne -- Photo by Marfis75 / flickr, some rights reserved

Dabei ist wirklich absolute Stille gar nicht so leicht auszuhalten. Wenn man wirklich gar nichts hört, beginnt wohl jeder Phantomgeräusche zu hören. Sogar recht schnell, innerhalb von Stunden (wie sich bei Versuchen gezeigt hat, zu denen ich gerade keinen Link finde). Meide die Stille! ist ja auch der Standardratschlag für Tinnitusgeplagte. Lieber leise, angenehme Geräusche als Nichtshören. Wenn keiner mit mir will dann mach ich’s mir eben selber — scheinen Gehirn und Hörnerven zu sagen.

Vielleicht ist die Sehnsucht nach Stille so etwas wie Fasten. Man muss erstmal ein Gefühl für Überfressenheit haben um darauf zu kommen, dass es gut sein könnte. Und dann ist es langfristig ungesund, kann sich kurzfristig aber ganz gut, erholsam, sogar reinigend anfühlen. Die richtige Diät und bewußtes Essen wären jedoch deutlich besser.

Es gibt so Sachen mit Schwerhörigkeit…

…die hätte ich nie erwartet. Zum Beispiel finde ich mich in letzter Zeit regelmäßig vor solchen Schüsseln wieder:

Noodle Bowl, Foto: Not quite like Beethoven, all rights reserved

Das ist eine Thai-Nudelsuppe nicht vor, sondern nach dem Essen. Oder jedenfalls dann wenn alle anderen fertig sind.

Unterhalten konnte ich mich noch, während des Abendessens mit meinem Freund S. Das ließ die Lautstärke im Lokal gerade noch zu. Hab mich einfach besonders aufs Lippenlesen konzentriert. Aber die glitschigen Nudeln mit diesen glatten Plastikstäbchen aus der Suppe fischen — nur mit kurzem Hinsehen?! Nein.

Ergebnis: Fast alles Löffelbare ist weg, Nudeln mit nach Hause genommen.

Dass manch nette Aktivität logistisch überraschend schwierig wird, wenn man auf Lippenlesen angewiesen ist, habe ich hier schon mal am Beispiel des Knutschens beschrieben.

So, und jetzt bedanke ich mich, dass Ihr bei diesem wunderbaren Wetter so weit gelesen habt! Und wünsche einen schönen Sonntag.

Kantinenverpflegung

Lunch at Harkness - Foto: Not quite like Beethoven, all rights reserved

Ich werd‘ sie wohl vermissen. Hier: Hanger Steak in Rotweinsauce mit Rahmspinat, gebuttertem Kartoffelpuree und Brokkoli. Dazu gemischten Salat mit Blauschimmelkäse und Pfirsichen. Und weil ich immer so’n Hunger hab, liegt hinten noch ’ne Gemüselasagne dabei.

Essen mit allen Sinnen – oder auch nicht: Tsch-Tsch und Schokolade

Not quite like Beethoven ist ja leider dem Hören nicht so, anderen Sinnen dafür aber umso mehr zugetan. Essen zum Beispiel. Aber was genau ist das für ein Sinn? Ganz richtig – gar nicht einer, sondern alle. Und zwar ohne dass man was dagegen tun kann

Dass Schmecken und Riechen fast dasselbe sind weiß jeder, der sich schon mal die Nase zugehalten hat, um eklige Medizin runterzukriegen. Wenn der Tastsinn unwichtig wäre, würde wohl niemand gerne Bonbons lutschen. Auch das schreckliche Wort Mundgefühl hätte nicht erfunden werden müssen. Und weil selbst der Sound beim Kauen nicht egal ist, ist das knusprige Krachen von Marken-Keksen und Kartoffelchips schon lange Ergebnis ausgetüftelter Ingenieurskunst.

Doch wer weiß, vielleicht hat es mit der Zwangs-Vielsinnigkeit von Essen nun endlich ein Ende. Ende des Monats kommt Schokolade zum Inhalieren auf den Markt.  Nur Geschmack zum Einatmen, sonst nix. Ganz ohne blödes Mundgefühl: LeWhif

Super, Konzentration aufs Wesentliche? Ironischer Kommentar auf Diätwahn? Oder einfach nur: eklich?

Ich finde: Ausprobieren müsste man das mal, so abgefahren wie das klingt. Aber wer Schokolade will, soll auch Kalorien nehmen. Außerdem: Was ist denn schon so ein tsch-tsch gegen ein herzhaftes Krrrrackk und die darauf folgende Geschmacksexplosion. Den Unterschied hört doch jeder Schwerhörige!