Ich habe länger überlegt, ob die Welt nun auch noch meine Meinung braucht — nachdem bereits hier die Debatte neu begann und zudem Jule und Enno darüber geschrieben haben. Ich denke, ja. Denn eines wird dabei oft übersehen.
Kurz zur Sache: Gegenwärtig sind Schwerhörige, Gehörlose und Blinde von den Rundfunkgebühren befreit (bzw. können dies beantragen). Ab 2013 sollen auch sie bezahlen, allerdings einen ermäßigten Satz von 1/3. Die Hörgeschädigtenverbände haben daraufhin in einer gemeinsamen Stellungnahme mitgeteilt, sie seien bereit zuzustimmen — jedoch nur unter Voraussetzungen: 100% Untertitel, 5% Gebärdenspracheinblendung und eine von Hintergrundgeräuschen ungestörte Tonqualität.
Ich finde es politisch klug und unterstütze es, jetzt lautstark Verbesserung in Sachen Untertiteln und Gebärdenspracheinblendung einzufordern. Der Zeitpunkt ist günstig, die Forderung verdammt nochmal berechtigt und außerdem machbar. Was mich aber stört, ist das vielfach vorgetragene Argument: Wer (mehr oder weniger große) Teile des öffentlich-rechtlichen Fernsehens oder Radios nicht nutzen könne, solle auch nicht dafür bezahlen müssen.
Das Problem, das ich damit habe, ist folgendes: Rundfunkgebühren sind Kinokarten und Zeitungsabonnements nicht vergleichbar. Man zahlt sie nicht für bestimmte Angebote, die man auch guckt und/oder hört. Bzw. zahlt sie eben nicht nicht, wenn man nichts guckt oder hört. Man zahlt sie, damit es überhaupt öffentlich-rechtliche Medienangebote gibt. Es ist der Form nach eher eine Steuer (nur dass sie wegen der gebotenen Staatsferne nicht an den Staat gezahlt wird).
Und darum begrüße ich es, dass Blinde und Hörgeschädigte jetzt auch zahlen sollen (und dabei wegen ihrer Nutzungseinschränkungen etwas weniger). Denn damit sind wir mit im Boot — und können vielleicht sogar noch druckvoller und gerechtfertigter streiten. Denn worüber wir uns streiten sollten ist: Wie soll das gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Medienangebot aussehen?
Das betrifft natürlich die möglichst vollständige Barrierefreiheit und die Frage der Schmonzettenabos. Das betrifft aber auch den Streit um die Angebote der öffentlich-rechtlichen im Internet. Das betrifft die Frage, was außer Programm sonst noch damit finanziert werden soll. Das betrifft den Einfluss der Politik. Und es betrifft die Frage, wer genau wieviel zahlen soll. Oder ob es nicht doch völlig ohne öffentlich-rechtliche Angebote ginge.
Dies sind die wichtigen Fragen. Und all diese werden von dem Scheinargument, es sei ungerecht, zahlen zu müssen wenn man nicht nutze (oder nutzen könne), verdeckt.
Wen das Thema weiter interessiert, dem empfehle ich einen Blick auf die Diskussion auf der dunklen Seite.