Dreck, das ist eigentlich nur Materie am falschen Platz, so schon der alte Chemielehrer meiner Mutter. Da wo sie stört, nämlich. Und stören tut sie nur da wo sich jemand gestört fühlt. Was Schall angeht ist das ganz genauso — und unterscheidet mich vom großen Rest meiner normalhörenden Umgebung.
Anruf von dem Freund, bei dem wir gestern einen langen, warmen Abend verbrachten — auf dem Balkon, mit tollem Blick auf die Stadt im Tal und den Sonnenuntergang dahinter. Schön sei es gewesen, sehr nett. Nur bißchen anstrengend. Weil der Lärm von der Straße, der habe etwas gestört. Das Haus liegt an einer von sieben Buslinien befahrenen Hauptstraße. Immerhin, es war abends.
Mir war das gar nicht aufgefallen. Ich meine, natürlich hat mich der Lärm gestört und natürlich fand ich das Zuhören anstrengend. Aber für mich macht es keinen Unterschied, welche Sorte Hintergrundgeräusche es sind: Alle Nebengeräusche verdrecken mir die Gespräche, alle stören mich gleichermaßen. Und irgendwas ist ja eigentlich immer. Gestern abend war für mich also auch wie eigentlich immer.
Nur steh ich bei der Bewertung von etwas als anstrengender Störschall meist ziemlich allein da, vor allem bei normallauten Unterhaltungen am Nebentisch. Ganz zu schweigen von Musik im Hintergrund. Da stehen dann meine Bedürfnisse den Vorlieben der allermeisten komplett entgegen. Musikhören und Konversation sind bei mir zwei Welten, die säuberlich getrennt bleiben müssen, so gern ich es auch anders hätte. Bei Verkehrslärm, anfahrenden Bussen und hochschaltenden Motorrädern sind wir uns wenigstens alle einig. Insofern bin ich akustisch etwas anal und das gestern war eine äußerst seltene Einmütigkeit — was Dreck im Gespräch ist und was nicht.