Schlagwort-Archive: USA

So viel Geld! Von denen?

In den USA finanziert ausgerechnet das Verteidigungsministerium Tinnitusforschung?! Mit bis zu 40 Millionen Dollar?!

Ach stimmt ja — die produzieren ja an Ohrgeräuschen Leidende wie sonst niemand.

Woran ich merke, dass ich lange weg war und jetzt wieder zuhaus bin

  • Thanks, nice to meet you, my pleasure. Das ist, was die amerikanische Welt im Innersten zusammenhält. Nicht aber die deutsche. Und nun steckt’s bei mir im limbischen System drin, will einfach raus. Es nicht zu sagen, bringt mich fast zum Verstummen. Die Leute stellen mir den Kaffee hin oder geben mir die Hand, gucken mich an und wundern sich. Wahrscheinlich weil’s um meine Mundwinkel herum so komisch zuckt.  Manchmal rutscht mir ein schnelles „thanks“ auch einfach raus.
  • Mittags um zwei in der U-Bahn: Es riecht nach schalem Bier. Ach! Die Frühschicht ist zu Ende. Alkohol in der Öffentlichkeit, wie hab ich das vermißt.
  • Mittags um halb drei in der U-Bahn: Ich bin tatsächlich von bei mir zuhause in die U-Bahn, zwei Mal umgestiegen und am richtigen Ausgang rausgekommen.  BLIND. Ich habe nicht einmal geguckt. Dabei kann man da schon ein paarmal den falschen Aufgang nehmen….
  • Nachmittags um drei in der U-Bahn: Verdammt, jetzt bin ich auch einer von denen, die vor der Tür stehen und nicht auf die Idee kommen, den Knopf zu drücken, damit sie aufgeht. „Scheiß-Touris!“, murmelt mir einer im Vorbeigehen zu.
  • Wat denn nu?!! Ein Jahr lang hab ich mich zwingen müssen, das Trinkgeld nicht zu vergessen — besonders an der Bar. Und nu? Ich muss mich schon zurückhalten um nicht alle zu beglücken. Außerdem: Ich zahle zu hohe Preise mit einem Schulterzucken (und hinterher mit heftigem Zähneknirschen). Verdammt! Das sind ja alles Euro!!!
  • Und speziell aus Harvard: Ich hab da so einen Drang, 1) überall den Laptop aufzuklappen und dann 2) auch Wireless zu erwarten. Draußen. Kostenlos. Wie berlinfremd ist das denn? Na hoffentlich ist es wenigstens gesünder so…
  • Sollte man Leute eigentlich verpflichten, Auskunft geben zu müssen (und zu können) was auf ihren T-Shirts so blödes draufsteht? Liegt das wirklich nur daran, dass Englisch hier nur Zweitsprache ist?

Happy Birthday, USA

Inzwischen kann ich ja doch ziemlich viel Zeit in den USA vorweisen. Da darf ich auch mal gratulieren. Und weil ja leider allerorts Feuerwerk verboten ist, kommt dieses nette Video von PES gerade recht. Kann ich’s doch ein bißchen knallen lassen:

[via nomnomnom]

Der Wahnsinn: Telefonieren mit Live-Untertiteln!

Telefonieren ist der Horror für Schwerhörige! So unglaublich anstrengend und voller Mißverständnisse, ich lasse es inzwischen schweren Herzens ganz. Auch privat, von geschäftlich ganz zu schweigen. Wie oft hab ich mir Untertitelung dafür gewünscht – und jetzt stell ich fest, dass es das doch tatsächlich schon gibt! In Echtzeit. Kostenlos. Und wenn Du eins hast, sogar auf dem iPhone. Wirklich Wahnsinn!

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Not quite like Beethoven in Amerika: Wie ist es denn da so?

Was mein Leben in Harvard angeht, habe ich bisher nur etwas über Schwerhörigkeit und die Fremdsprache geschrieben. Weil heute Sonntag ist, hier mal ein bißchen was anderes — ein Auszug aus einem Brief, den ich kurz nach meiner Ankunft letzten September geschrieben habe. Über meinen Wohnort Boston Cambridge, Harvard und wie es ist, hier zu leben:

Harvard Square, Foto: Not quite like Beethoven, all rights reserved

Ich bin hier ganz ohne Karte oder Reiseführer angekommen. Also musste ich mich als erstes mit so was versorgen. Nach einigem Überlegen habe ich mich schließlich nicht für einen Reise-, sondern für einen Wohn- und Lebeführer entschieden: „The Harvard Unofficial Guide“  Ein Büchlein von Studenten, das ist bestimmt interessanter als so ein Reiseführer, dachte ich. Ziemlich am Anfang steht folgende Zeile, die mich sehr getroffen hat. “You told everyone you were going to college in Boston. Well, you lied. You go to school in Cambridge, and that school is called Harvard, you evasive wimp.“ Weiterlesen

Not quite like Beethoven in Amerika: Als Schwerhöriger Sprachtests meistern – und Visabeamte nerven

So ist also die Lage bei mir: Englisch im Prinzip gut — aber alles was mündlich abläuft, ist für mich schwer bis oft genug unmöglich. Ist auf Deutsch nicht anders, aber die Fremdsprache gibt mir in schwierigen Situationen den Rest. Wie ist es, in diesem Zustand für ein Jahr zum Arbeiten in die USA zu gehen? Schwerhörigkeit und die Fremdsprache, Teil 2.

Es fing schon mit wahnsinniger Anspannung an: Für die Finanzierung musste ich einen Sprachtest machen. Und fürs Visum zum persönlichen Interview in die Botschaft. Nun, eigentlich weiß ich ja, dass nichts zu befürchten habe. Hab nix gemacht. Und Englisch kann ich. Half aber nichts: Was ging mir das Herz in die Hose! Ich hatte solche Angst vor diesen Gesprächen. Und meine letzte Sprachprüfung war schon lange her. Damals hatte ich noch fast doppelt so gut gehört wie jetzt.

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Not quite like Beethoven in Amerika: Schwerhörigkeit und die Fremdsprache I

Seit letztem Sommer lebe ich in den USA. Genauer gesagt, in Cambridge, direkt neben Boston (und für mich gefühlt ganz nah bei New York). Die meiste Zeit über bin ich dort an der Harvard University und bastele meine Doktorarbeit zuende. Das Ganze ist zwar diesen Sommer — also bald — schon wieder vorbei. Aber ich will doch noch ein bißchen mehr darüber erzählen. Vor allem natürlich, wie meine Schwerhörigkeit mich dabei beeinflußt und wie ich Probleme bewältigt habe oder auch nicht. So sieht es bei mir aus:

Widener Library, Harvard - Foto: Not quite like Beethoven, all rights reserved

Ich beginne mal beim wohl Auffälligsten, Schwerhörigkeit und die Fremdsprache: Wie ist das und wie komme ich damit klar?

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Untertitel im TV — Was das Beispiel USA wirklich lehrt

Schwerhörige, Ertaubte und Gehörlose kämpfen schon lange, doch erfolglos: Im deutschen Fernsehen gibt es zu wenig und zu schlechte Untertitel (mehr hier/hier). Ich denke darum, wir sollten die Argumentation ändern — und nicht immer nur Untertitel für Hörbehinderte fordern! Das legt gerade das Beispiel USA nahe.

Die werden oft als Vorbild gelobt. Weil die Möglichkeit zur Einblendung von Untertiteln gesetzlich vorgeschrieben ist, sind für fast jede Sendung Untertitel zuschaltbar — nicht nur für Spielfilme, auch Serien und Live-Sendungen wie Nachrichten, Talk- oder Comedy-Shows. An öffentlichen Orten werden sie oft standardmäßig eingeblendet. In jeder Bar laufen die Fernseher ganz selbstverständlich mit Untertiteln.

Foto: It's always sunny in Philadelphia / screenshot via hulu.com

Sogar im Internet-Fernsehen gibt es Untertitel, obwohl Internetstreaming nicht der gesetzlichen Pflicht unterliegt. (Hier ein Screenshot von It’s always sunny in Philadelphia via hulu. Die ersten beiden Staffeln sind saukomisch, sehr zu empfehlen!)

Paradiesische Zustände also für Schwerhörige. Doch es ist nicht nur Behindertenliebe, die das alles möglich gemacht hat.

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Grausige Geräusche #1

Wo’s schöne Töne gibt, dürfen grausige Geräusche nicht fehlen: Solche, die ich lieber gar nicht hören würde, bei denen ich froh bin, dass ich sie nicht so genau hören muss. Oder zumindest gerne die Hörgeräte ausschalte. Heute:

Foto: Not quite like Beethoven

Dieses pustende Surren und Summen von Klima- oder Kühlanlagen. Am Schlimmsten, wenn es noch so rhythmisch pulsiert, fast wie ein Schiffsmotor.

Ich weile ja gerade in Boston und muss sagen: Das ist in den USA wirklich ü-ber-all. Büroräume, Museen, Bibliotheken, Cafés,… Furchtbar! Ich vermute mal, dass es durch die Hörgeräte besonders schlimm ist und Normalhörende das nicht so wahrnehmen. Aber für mich ist es nicht nur kaum auszuhalten — es macht auch Verstehen wahnsinnig anstrengend oder unmöglich. Wenn ich gerade nicht verstehen muss, werden sofort die Hörgeräte ausgemacht. Selbst Tinnitus ist besser!

Außerdem: Gesund ist das sicher auch nicht. Ich habe noch nie so viele Leute mit knallroten Augen in den U-Bahnen gesehen wie hier zu Feierabend aus den Büros strömen….