Verdreckte Gespräche — oder: Störschall, was ist das eigentlich?

Dreck, das ist eigentlich nur Materie am falschen Platz, so schon der alte Chemielehrer meiner Mutter. Da wo sie stört, nämlich. Und stören tut sie nur da wo sich jemand gestört fühlt. Was Schall angeht ist das ganz genauso — und unterscheidet mich vom großen Rest meiner normalhörenden Umgebung.

Anruf von dem Freund, bei dem wir gestern einen langen, warmen Abend verbrachten — auf dem Balkon, mit tollem Blick auf die Stadt im Tal und den Sonnenuntergang dahinter. Schön sei es gewesen, sehr nett. Nur bißchen anstrengend. Weil der Lärm von der Straße, der habe etwas gestört. Das Haus liegt an einer von sieben Buslinien befahrenen Hauptstraße. Immerhin, es war abends.

Mir war das gar nicht aufgefallen. Ich meine, natürlich hat mich der Lärm gestört und natürlich fand ich das Zuhören anstrengend. Aber für mich macht es keinen Unterschied, welche Sorte Hintergrundgeräusche es sind: Alle Nebengeräusche verdrecken mir die Gespräche, alle stören mich gleichermaßen. Und irgendwas ist ja eigentlich immer. Gestern abend war für mich also auch wie eigentlich immer.

Nur steh ich bei der Bewertung von etwas als anstrengender Störschall meist ziemlich allein da, vor allem bei normallauten Unterhaltungen am Nebentisch. Ganz zu schweigen von Musik im Hintergrund. Da stehen dann meine Bedürfnisse den Vorlieben der allermeisten komplett entgegen. Musikhören und Konversation sind bei mir zwei Welten, die säuberlich getrennt bleiben müssen, so gern ich es auch anders hätte. Bei Verkehrslärm, anfahrenden Bussen und hochschaltenden Motorrädern sind wir uns wenigstens alle einig. Insofern bin ich akustisch etwas anal und das gestern war eine äußerst seltene Einmütigkeit — was Dreck im Gespräch ist und was nicht.

14 Antworten zu “Verdreckte Gespräche — oder: Störschall, was ist das eigentlich?

  1. Werde ich auch niemals verstehen… wie Menschen sich bei Konzerten unterhalten können… oder wie man gleichzeitig Musik hören und lesen kann. Nein, niemals.

  2. Früher, ganz ganz früher — da hab ich das auch gemacht. Fand ich damals das normalste von der Welt.

  3. Hallo, könnte von mir sein. Ich habe für meine Hörgeräte 5.600 € bezahlt und das Reklamevideo hat den Himmel auf Erden versprochen von wegen Störschallunterdrückung. Ich habe mich in der wöchentlichen Dokorunde schon mit dem Wirt angelegt, weil der seine dämliche Musik so laut gespielt hat, dass alle wenig, ich nichts mehr verstanden habe. – Manchmal könnte ich nur laut Sch… schreien.
    Clara

  4. Hallo und guten Tag, ich erhoffe mir hier von den „Profis“ in Sachen Hörgeräte vielleicht einige Tips zu bekommen. Seit einer Woche bin ich nun dabei mich an diese Geräte zu gewöhnen. Es ist mein 2. Angang in einem Abstand von ca. 10 Jahren. Zwischen den beiden Versuchen liegen Welten was die Technik betrifft. Ich habe seinerzeit das teuerste Phonakgerät (Stck- 4.500DM) ausprobiert und im Moment ein AOK Gerät. In diesem Fall hat die digitale Technik doch Berge versetzt und ich bin voller Hoffnung mich an das tragen dieser Geräte zu gewöhnen. Bisher habe ich festgestellt das man nicht nur das tragen lernen musst, sondern auch eine neue Sprache um sich seinem Akustiker gegenüber verständlich machen zu können. Irgendwo hier in den Beiträgen beschreibt jemand was ich meine an einem Beispiel in Bezug auf Musik hören. „Es fehlt was Musik zur Musik macht“.
    Eure ersten Erfahrungen und wie ihr damit umgegangen seid, interessieren mich sehr.
    Ein schönes WE wünsche, Didi.

  5. hallo Didi, wenn in den Hörgeräten ein sogenanntes zuschaltbares Musikprogramm integriert ist, kann man damit trotz allem doch ganz gut Musik hören, natürlich nur in ruhiger Umgebung.

    Äuch in anderen Foren liest man eigentlich immer dasselbe, auch wenn
    die Hörgerätetechnik weit fortgeschritten ist, ist die sog. Störschallunterdrückung immer noch nicht das Non-Plus-Ultra.

    Es ist wirklich so, die Werbung verspricht mehr ,als die Geräte dann
    in der Realität halten .

    Die Störschallunterdrückung an meinen Geräten funktioniert super
    in Bezug auf zu laute Umweltgeräusche, da wird alles weggefiltert
    in nullkommanix. Autotüren fallen leise zu, fällt mir zb. eine Porzellantasse
    auf den Fliesenboden ,ist das gar nicht laut, Hubschrauber, Düsenjäger
    alles wunder “ runtergeregelt“ nur mit Stimmen haben diese Geräte
    doch ihre Probleme. Ich lasse sie gerade nochmal nachjustieren.

    ABer ich finde, alles ist schon viel viel besser also noch vor 10 >Jahren,
    wobei die digitalen Hörgeräte vor 10 Jahren aber bereits viel mehr
    hermachten als die analogen Vorgängergeräte.

  6. TanteMaedel

    Ich kenne das auch von meinem CI. Ich habe mir die Programme für meine Situationen einstellen lassen und ich schalte auch in enstsprechenden Situationen um und mache mir das Leben damit leichter. Hörende beneiden mich oft darum und das ist oft sogar berechtigt. Ich bin allerdings erstaunt, wieviele Hörgeschädigte davon keinen Gebrauch machen, obwohl sie es können. Sie meckern dann lieber über die Situation, warum eigentlich, frage ich mich? Wollen sie lieber leiden, bzw. bedauert werden? Und wenn ja, warum tun sie dies, fühlen sie sich in ihrer Problematik nicht genug sehen oder hat sich ein Automatismus eingeschlichen? Ich finde es nachdenkenswert.
    In der Problematik nicht genug gesehen bzw. erkannt, stelle ich leider auch immer wieder fest, aber ich denke auch, wie sollen es andere Menschen, schließlich, wer befasst sich mit dem Thema, wie werden Menschen darauf aufmerksam? In der Öffentlichkeit ist dieses Thema viel zu wenig präsent und wenn ja, gibt es nur schwarz weiß, aber nicht diese Grautöne von Schwerhörigen, wo jeder anders hört und unterschiedlichen Umgang, Möglichkeiten und Grenzen hat. Und wir Schwerhörigen, was machen wir dafür. Ehrlich gesagt, ich habe auch keine Lust jedes Mal es ausführlich zu erklären und ehrlich gesagt, möchte ich auch nicht jedes Mal auf dieses Handicap reduziert werden. Also sage ich immer dann was, wenn es angebracht ist und erkläre dann meine Situation.
    Und ihr, wie macht ihr es?

  7. Ähnlich. Ich thematisiere es, wenn ich das Gefühl habe, es ist nötig. Das bedeutet, ich komme auch manchmal erst in Schwierigkeiten, die ich hätte vermeiden können wenn ich es vorher schon gesagt hätte. Aber so rum und nach Bedarf ist es mir lieber.
    Das über Schwerhörigkeit reden habe ich weitgehend in dieses Blog ausgelagert. Hier ist das andersrum. Hier geht es zuallererst darum. Aber hier ist ja auch der Rahmen entsprechend. Das ist also auch gut so, besser als draußen im Alltag, wo es normalerweise zuerst um etwas anderes geht.
    Ich finde, beides ergänzt sich sehr gut.

  8. @Didi … Es ist schon ein riesiger Unterschied mit der Störschallunterdrückung. Ich erinnere mich ans Probetragen beim Einkaufen im Baumarkt, wo sich der Stress reduziert und das Verstehen verbessert hat. Das Hörverstehen bei Störschall ist dann besser, wenn zusätzlich auch Richtmikrofone integriert sind im Hörgerät. Dann hört man den Gesprächspartner besser, den man anschaut.
    @Tante Mädel … Ich glaube, die Erfahrung, die ich mit früheren analogen Geräten gemacht habe, ist für mich ein Vorteil. Denn für mich ist es auch heute noch wichtig, selbst etwas an den Geräten laut und leise regeln zu können, um Hörstress zu mindern. Oder eben nicht vollautomatisch in irgendwelchen Programmen zu landen, sondern es zumindest teilweise selbst einstellen zu können. Viele, die jetzt ganz neu schwerhörig werden und sich erstmals mit der Technik befassen müssen, sind schlicht überfordert. Und dann natürlich verspricht die Werbung alles mögliche – und wir vergessen dann, dass es eben Werbung ist und dass natürlich auch der Akustiker ein gutes Geschäft machen will. Beim Autokauf schaut mancher etwas genauer hin, bevor er einige Tausender investiert.
    Und klar, das Thema Schwerhörigkeit und Hörgeräte wollen die wenigsten thematisieren. Das wär mal was, wenn so eine Fachsimpelei wie unter Autonarren in Mode käme – nur diesmal über die neuesten Hörgeräte-Typen, die man sich geleistet hat, und was die alles können, und einer übertrumpft den anderen mit Sprachverständniswerten o.ä. statt über Kilometerleistung und Benzinverbrauch 😀

  9. Hallo und danke für Euer Interesse. Habe inzwischen die nächste Stufe der Angebote in Sachen Hörgeräte erreicht. Habe die Stufe AOK, Zuzahlungsfrei verlassen und bin bei Stufe 1.300€ angelangt. Vorweg, ich frage mich woher der Preisunterschied kommt. Diese Neuen sind um kein bischen komfortabler als die „AOK-Geräte“. Ich trage diese (Phonak Audeó)nun 2 Wochen Probe und meine Praxis sieht folgender massen aus: Im Labor des Akustikers höre ich scheinbar besser. Ausserhalb fällt mir zuerst der neue Lärm auf, relativ erträglich. Auf der Fahrt im Bus (Weg nach Hause)verstehe ich Einzelheiten der Gespräche der anderen Fahrgäste. Das sind neue Erfahrungen für mich. Bekannte Stimmen, die meiner Frau, sind sehr laut. Ich bitte sie etwas leiser zu reden da ich die „Dinger“ im Ohr habe. Bringt nicht viel, überlege mir ein Schild zu bauen wo drauf steht „Schrei nicht so“. Vergeblich suche ich einen Knopf oder ein Rädchen wo ich die Lautstärke einstellen kann. Das Knistern von Einkaufstüten bringt mich fast um den Verstand. Nehme die „Dinger“ raus und mache einen Nottermin mit dem Akustiker. Er nimmt die Höhen etwas raus und neuer Versuch. Dieses Ausgeliefert zu sein, nicht selber laut und leise regeln zu können macht mich fertig. Warum gibt es kein Gerät wo man LAUT+LEISE, HÖHEN+TIEFEN selber regeln kann??? So kompliziert kann das beim Stand der Technik doch nicht mehr sein. Ich fühle mich dermassen ausgeliefert, dass ich fast am verzweifeln bin.
    Ich habe diese Woche von einem leider verstorbenen Bekannten neue „Dinger“ geerbt. OTICON PRO, ein halbes Jahr alt. Laut meinem Akustiker soll das der Mercedes unter den Hörgeräten sein. Bin mittler weile diesen Aussagen gegenüber skeptisch geworden. Mehr Schnick Schnak was die Sache nur noch komplizierter macht. Einstellung+Einrichtung ab jetzt auf eigene Kosten.
    Ich wünsche Frohe Ostern gehabt zu haben und werde weiter berichten.
    Didi

  10. TanteMaedel

    Beethoven: Ja deinen Blog finde ich deswegen auch gut und empfehle sie weiter. Aber mal ehrlich, wer geht in den Blog, Leute die betroffen sind oder die etwas damit zu tun haben. Es muss doch noch andere Wege geben.
    Gruppli: Jau, die analogen Hörgeräte, ich kenne sie auch. Das Rädchen war toll, das wünsche ich mir auch beim CI. Jetzt mache ich es über Fernbedienung, umständlicher, aber ich bin froh, dass ich es machen kann und noch verschiedene Programme habe.
    Ich habe nicht von Leuten gesprochen, die sich erst an die Geräte gewöhnen müssen, sondern von Schwerhörigen, die damit aufgewachsen sind. Jugendliche, die sich mit ihrer eigenen Technik nicht befassen, sondern lieber in dem Kokon, nehmt Rücksicht auf mich, leben wollen, deren Rahmen dies noch zulässt. Irgendwann kommen auch sie raus. Wer fängt sie dann auf, wer holt mit ihnen dann das nach, was sich eigentlich schon hätte entwickeln müssen?
    Fachsimpelei, ich finde es noch interessanter, wenn der Umgang mit Schwerhörigkeit für beide Seiten selbstverständlich würde. Wenn man sich austauschen könnte, wo die Haken bei einem Gespräch war, wo die Kommunikation nicht so glatt ablief, wo Irritationen waren. Zum Beispeil hat mich jemand mal gefragt, ob ich nicht von hinten hören könnte und ich erklärte ihm, nicht immer. Und er meinte, ich dachte schon, du wärest arrogant und wolltest nicht mit mir reden. Oder anderes Beispiel, wo ich zu einem Gespräch dazu kam und nach meiner Meinung befragt wurde, weil ich schon eine Zeit lang dabei war. Ich sagte, ich habe nicht mit bekommen worüber ihr redet, erstaunt danach befragt wurde und ich erklären konnte, dass ich mich nur auf eine Sache konzentrieren kann. So etwas bringt mich selber zu Erkenntnissen, meiner Grenzen und die Wirkung auf Andere und die Anderen können mich besser einschätzen.
    Didi: Du machst es richtig, probierst aus und vor allen Dingen gehst zum Akustiker und lässt deinen Mann im Ohr so einstellen, wie du es brauchst. Ich wünsche dir weiterhin Energie, Flexibilität, die brauchst du auch dafür, und Erfolg dabei.

  11. Das ich an die Situation Hörgeräte tragen zu müssen etwas skeptisch heran gehe, werdet ihr sicher bemerkt haben. Doch zuerst möchte ich kurz auf den Beitrag von TanteMaedel eingehen. Es bleibt in einem Forum nicht aus das auch Missverständnisse entstehen. Ich habe ein Forum gesucht und dieses hier als gut befunden. Mir ist es wichtig eigene Erfahrungen der Leute und ihrer Schwierigkeiten im Umgang mit diesen „Dingern“ zu erfahren, und wie sie damit umgehen.
    Seit gestern trage ich die „Neuen“. Das Einstellen bei dem Akustiker hat gute anderthalb Stunden in Anspruch genommen. Die „Neuen“ haben diverse Programme und das allerwichtigste für mich ICH KANN SIE LAUT UND LEISE STELLEN, und auf stumm also Stand by. Der blecherne Ton ist weg und mein Umfeld kann sich mit mir in normaler Lautstärke unterhalten. Wenn dann doch mal jemand zu leise spricht genügt ein Klick um ihn verstehen zu können. Fernsehen ist auch wieder ohne Kopfhörer möglich.
    Als ich gestern von dem Akustiker wieder nach Hause kam, hörte ich in unserem Hof eine Amsel, ich weiss nicht mehr genau wann ich das letzte mal einen Vogel singen gehört habe… Aber ok, dass ist nun mein erster Eindruck nach dem 2. Tag. Ich bin gespannt wie es in anderen Situationen sein wird, in einem anderen Umfeld. Bisher steht aber fest das die „Neuen“ absolut besser sind. Der Preis aber nicht, zusammen hätte es mir 5400 €
    gekostet…
    Ich werde weiter berichten. Bis bald, Didi.

  12. TanteMaedel

    ja Didi, ich stimme dir zu, das Forum ist klasse, das kann ich nicht genug erwähnen.
    Zu deinen neuen Hörgeräten, ich betrachte hören als etwas wundervolles, voll Wunder. Ich bin an Taubheit grenzend geboren und es gab in meinem Leben immer wieder Verbesserungen, dank der Technik. Alles was ich neu gehört habe, für das bin ich dankbar, auch wenn es manchmal unheimlich war, so lange, bis ich es einordnen konnte. Vogelgesang erwähnen übrigens die Meisten, ich eingeschlossen.
    Zu dem Preis, autsch es tut weh, versuch es von der Krankenkasse zu bekommen. Dann darfst du sie allerdings nicht vorher bezahlen, weil bezahlte Leistungen nicht mehr erstattet werden. Leg einen schönen Widerspruch ein und begründe es gut, erklär, warum du genau diese brauchst. Aber schreib nicht nur von der Arbeit, sondern auch vom Alltag, dass du sonst deinen alltäglichen Kram nicht erledigen kannst, wie z.B. Behördengänge und dass du sonst von der Umwelt ausgeschlossen bist, weil Kommunikation kaum möglich ist. Bring nette Beispiele, hab ich immer gemacht. Zur Anregung: In meiner Mutterzeit habe ich geschrieben, dass ich nicht unterscheiden konnte, ob die Kinder aus Spaß laut sind oder weil sie in Gefahr sind. Lass dich von deinem Akustiker unterstützen, z.b. mit einem Audiogramm mit Störlärm.
    Wenn nicht, dann denk an den Gewinn, den du jeden Tag hast.

  13. @ TanteMaedel 🙂 Um das nur kurz noch mal zu wiederholen, ich habe diese teuren Geräte praktisch umsonst bekommen. So zusagen geerbt.
    Das mit dem Audiogramm ist eine gute Idee. Danke und biba, Didi.

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